Freitag, 10. Juni 2016

Bloßhappert


Heute, verehrte Lesehäschen, lasse ich einfach mal die konservative Sau raus. Ursprünglich wollte ich Christian Felber ja kommentarlos vorüberziehen lassen. Doch kürzlich hat er sich in einem Interview zu der Behauptung hinreißen lassen: „Schöne Männer haben ein gutes Verhältnis zu ihren Füßen.“ Wie bitte? Das muss doch heißen „Eingebildete Männer, die ihre Füße schön finden, können sich die Socken ausziehen anstatt in den Spiegel zu schauen, es sei denn, sie haben sich eine Wampe wachsen lassen“. Als ich dann feststellen musste, dass der Mann im selben Interview bemängelt, der „Kommerzfußball“ sei zu stark vom Ergebnis dominiert, konnte ich schon nicht mehr wegschauen. Ich finde ja die Lage zum Beispiel auf dem Backsektor noch schlimmer, wo die Kommerzbäckerei völlig davon besessen ist, verkäufliche Backwaren zu erzeugen, anstatt von der reinen Lust am Teig.

Also Christian Felber. Wer zum Geier ist Christian Felber? braust es wie Donnerhall durch die Täler des Landes. Antwort: Christian Felber ist gelernter Romanist und Gründungsmitglied von Attac. Er lektoriert daher gelegentlich an der WU. Hauptsächlich schreibt er Artikel und Bücher, nebenbei tanzt er.

Vor allem aber proponiert er die Gemeinwohl-Ökonomie, ein Wirtschaftsmodell, das den Erfolg von Unternehmen an deren Beitrag zum allgemeinen Wohl misst. Betriebe, die entsprechend gut bilanzieren, sollen z. B. bei Steuern oder Krediten bevorzugt behandelt werden. Das Modell finden die einen super, die anderen kurzsichtig, unprofessionell und gefährlich. Ich für mein Teil habe den fiesen Eindruck: Je beschlagener eine in Wirtschaftsdingen ist, desto weniger überzeugt sie die Chose.

Bekannt wurde Felber im vergangenen Frühjahr, weil er in einem Schulbuch als einer von fünf Wirtschaftstheoretikern abgebildet wurde. Die andern waren Keynes, Hayek, Marx und Milton Friedmann. Wenig überraschend, dass ungefähr zwölf Dutzend Ökonomen einen kritischen Brief an das Bildungsministerium unterzeichneten. Die Kritik richtete sich wohlgemerkt nicht gegen Felbers ideologische Position. Vielmehr ging es darum, dass Felber sich zwar politisch für die Gemeinwohl-Ökonomie einsetzt, jedoch keinen Beitrag zu deren theoretischer Fundierung erbracht hat. Er passe daher nicht in die Riege herausragender Theoretiker. Die Unterzeichner schlugen eine Reihe von ausgewiesenen Ökonomen vor, die sich besser als Standartenträger wirtschaftstheoretischer Positionen im Zusammenhang mit dem Gemeinwohl eigneten.

Felber hingegen sieht seine das anders: „Mein Verdienst ist es gerade, dass ich kein verdienter Professor im wirtschaftswissenschaftlichen Mainstream bin.“ Hingegen habe er schon 131 Vorträge in 25 Ländern gehalten.

Damit bietet uns das Schicksal eine spannende Wette an.

Denn einerseits dürfte die FPÖ Herrn Felber weltanschaulich nicht allzu nahe stehen.

Andererseits ist man dort am besten aufgehoben, wenn man es sich als Stärke anrechnet, kein Experte für das eigene Thema zu sein, und gerne Ahnungslosigkeit als Unvoreingenommenheit verkauft. Hier wird Kompetenz nicht erst durch Volksnähe ersetzt – mangelnde Fachkenntnis ist schon gleich dasselbe wie Verständnis für die Bedürfnisse der „Menschen“, denn die, so scheint man blau zu denken, haben ja auch keine Ahnung, im Gegensatz zu den gern geschmähten Professoren, die vielleicht Ahnung haben, aber nicht, wovon. Oder so.

Felber wäre also ganz klar die Idealbesetzung für das Wirtschaftsministerium unter einem Kanzler „Stannis“ Strache (nachdem seine Melisandre ihm über die Sache mit Norbert „Renly“ Hofer hinweggeholfen hat). Wird er annehmen oder nicht? Freilich ist diese Favoritenposition prekär. Denn die Zahl jener, die keine Ökonomen sind, aber schon viele Vorträge gehalten haben, ist Legion. Ob die Barfußneigung dann als Alleinstellungsmerkmal ausreichen wird, weiß ich nicht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen