Es war, o mitfühlende Häschen mit beneidenswert schönen
Seelen, eine durchwachsene Woche für euren sehr Ergebenen. Das Zweckdichterbalg
liegt mit einem kräftigen Atemwegsinfekt darnieder – schon wieder! Der
Zweckdichterhund laboriert an interessanten und mühsamen Pfotenproblemen –
schon wieder! (Wer hat gewusst, dass Hunde sowas wie Plattfüße kriegen können
und wie elendig das ist?) Und so weiter und so fort. Deshalb verschieben wir
die von euch allen so heiß herbeigesehnte weitere Befassung mit den Erscheinungsformen
des deutschen Genitivs. Stattdessen serviere ich euch einen adventlichen Keksteller,
gewürzt mit getrockneten und zermahlenen Stilblüten.
Doch Vorsicht! Sie könnten sich, wie das bei Keksen ja mitunter geschieht, als
schwer verdaulich erweisen.
In der Backstube hat sich Frau Eva Reisinger wieder einmal aufs
Löblichste hervorgetan. Ihr Artikel über
den „vielleicht
hippsten Ort Österreichs“ (ja, mit zwei p, obwohl es nicht um Babynahrung
geht) fängt gut an: „Die Rede ist von Bad Gastein, ein Ort ...“. Wir lernen daraus, dass der Dativ vieles
ist, aber leider nicht hip (hipp?) genug für das „Berlin der Alpen“. Dort geht
nämlich die Post ab: „Ein Wasserfall
prescht zwischen den hohen Häusern nach unten.“ Ich weiß nicht, wie das im
Häschenstil ist, aber für mich hatte preschen
immer etwas mit der Bewegung von Gliedmaßen oder mechanischen Einzelteilen zu
tun. Dass eine amorphe Masse preschen kann, ist mir neu. Schauen wir lieber ins Schaufenster. Sieh da:
„Hinter einer Absperrung blicken die
Schönen und Reichen aus vergangenen Zeiten entgegen.“ Fein, aber wem? Der
Betrachterin? Dir? Mir? Aus dem fehlenden Objekt haucht uns nicht nur ontologische
Leere an, sondern erneut eine betrübliche und rätselhafte Abneigung gegenüber des
Dativs, oder so.
Trost bietet die stumme Kreatur: Ein Deutscher „trägt das
Dalmatiner Welpen über die Stufen“. Ist hier das Gendern ins Kraut
geschossen, oder ist es der Urheberin tatsächlich entgangen, dass der Welpe grammatisch so maskulin ist wie
der Feminismus? Mit jenem Deutschen
hat es eine besondere Bewandtnis, denn um seine Geschichte zu erzählen, „muss man sich an kitschigen Wendungen
bedienen“. Holla! Was ist jetzt los? Plötzlich ist der Dativ gut genug?
Nein, ist er nicht. Wir bedienen uns einer
Technik, eines Kniffs, einer Wendung, aber jedenfalls eines Genitivs. (Welchen Genitivs, dazu ein andermal mehr.)
Ich glaube aber, wie hieramts schon früher angedeutet, dass
Frau Reisinger gar nichts dafür kann. Dass es an ze.tt liegt, lässt ein Blick
in andere dortige Ergießungen vermuten, die nicht von ihr stammen. Dort heißt
es zum Beispiel von irgendjemandem: „Dessen
Wahlkampf-Kappe zog er sich am vergangenen Wochenende dann auch auf den Kopf.“
Das hat offensichtlich jemand verfasst, der Deutsch aus
Kreuzworträtselheften gelernt hat. Man kann zwar eine Kappe vom Kopf ziehen, aber man setzt sie auf. Auch die leidige
Geschichte mit den Fällen ist bei ze.tt keine Spezialität von Frau Reisinger. So
schreibt einer ihrer Kollegen: „Dem muss sich auch ein Kanye West
bewusst sein.“ Nein, muss er nicht. Kanye West muss, wie wir alle, Steuern
zahlen und sterben. Aber sich einem Dativ bewusst sein? Niemals! Doch der hippe
Reporter lässt nicht locker: „Genauso wie
ich als Journalist nicht behaupte, auf meinem Twitteraccount privat unterwegs
zu sein, erwarte ich von Musiker*innen, Schauspieler*innen und Sportler*innen,
dass sie sich zumindest um die
Dimension ihrer Tweets im Klaren sind.“ Während wir als Leserinnen offenbar
nicht mit gleichem Recht erwarten dürfen, dass jemand, der vom Schreiben lebt,
weiß, dass man sich herkömmlicherweise über etwas im Klaren ist und nicht um.
Und was läuft an der Feedbackfront? Man kann einen
Bonus einlösen, während wir bisher stets dachten, dass der Bonus das
sei, was man bekommt, wenn man den Gutschein oder was immer einlöst. Wieder was
gelernt. Schönes Wochenende!
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