O treue Häschen, dieses politische Herumgemoser bringt uns
nicht weiter, fürchte ich. Schauen wir lieber, was es in der Grammatik nicht
etwa Neues gibt, aber Altes, das keiner weiß. Heute: das Prädikativ.
Was ein Prädikat ist, hab ihr ja alle in der ersten Klasse
gelernt: jenes Satzglied, von dem man erfährt, was das Subjekt so treibt. Die Sonne? Scheint. Trump? Tweetet. Der Bär?
Ihr wisst Bescheid. Aber was ist ein Prädikativ? Kommt ganz drauf an. Da
gibt es die sogenannten „freien Prädikative“. Die braucht man nicht unbedingt,
deshalb kümmern wir uns jetzt auch nicht groß darum. Ihr wollt ein Beispiel? Na
gut. Peter hat die Kinder glücklich von
der Schule abgeholt. Damit ist gesagt, dass die Kinder glücklich waren, als
er sie abgeholt hat. Peter hat die
glücklichen Kinder von der Schule abgeholt sagt hingegen, dass die Kinder
überhaupt glücklich sind.
Interessanter sind die obligatorischen
Prädikative. Manche Verben geben nämlich für sich allein kein Prädikat ab, etwa
sein, bleiben, werden, gelten, sich
erweisen, dünken oder heißen. Dabei
kommt es natürlich auf den konkreten Fall an. Wenn sein im Sinne von existieren
verwendet wird, kann es auch allein stehen. Wenn du deinem Arter tröstend
versicherst Das wird schon!, dann
kann das ruhig so bleiben. Meist aber brauchen solche Verben ein stämmiges
Prädikativ, das sie verlässlich stützt, damit sie es bis ans Ende des Satzes
schaffen. Wenn du zum Beispiel bist,
muss das noch nicht viel heißen. Du kannst Lehrerin
sein, unzufrieden, überrascht
oder sonstwas. Wer sich erweist, erweist sich als BiMAZ, Hochstapler, unzuverlässig oder ungustiös. Wer Latein
hatte, erinnert sich vielleicht an den Begriff der Kopula: Das war damals die finite Verbform, die ein Prädikativ
braucht, um ein Prädikat zu bilden.
Jetzt wird es noch interessanter. Ein Prädikativ kann
nämlich alles Mögliche sein – ein Adjektiv, wenn du dich als wankelmütig erweist, ein Substantiv, wenn dein Freund ein Hallodri ist, und so weiter. Doch
ein paar wenige Wörter haben ihre Bestimmung gefunden: Es gibt sie
ausschließlich als Prädikativ, und Scheiße nochmal, es sind nicht die
schlechtesten Ausdrücke. Zu ihnen gehören fremdsprachige Farbbezeichnungen wie beige, orange, mauve und ähnlich
geschmäcklerische Nuancen, aber auch Kraftbegriffe wie schnuppe, egal, wurscht, scheiße und natürlich scheißegal. Es gibt sie deshalb nur als Prädikativ, weil sie sich
nicht deklinieren lassen, was auch einleuchtet, denn wenn man etwas scheiße
findet, dann kann man sich die Deklination auch schon sparen. Möglicherweise
ist es auch umgekehrt, und man kann sie deshalb nicht deklinieren, weil Prädikative
keine Deklination brauchen, aber an diesem Scheißproblem sind schon die alten
Griechen zum Thema Henne/Ei gescheitert.
Was heißt das für deinen alltäglichen Sprachgebrauch? Etwas
kann scheiße sein oder Scheiße sein, je nachdem, ob du dein
heutiges Scheiß-Prädikativ aus der Adjektiv- oder Substantivlade ziehst. Du
kannst es aber nur scheiße finden,
nicht Scheiße, weil zu finden nur ein Adjektiv als Prädikativ
passt. Vielleicht macht es dich auch kirre,
wer weiß.
Auch kann etwas zwar scheiße
sein oder gefunden werden. Aber
wenn du zum Beispiel im „Ausreisezentrum“ hockst und dich fragst, ob eigentlich
alle plemplem sind sind, dann ist das
wahrscheinlich eine Scheiß-Erfahrung oder
auch eine beschissene Erfahrung, es
kann aber keine scheiße Erfahrung geben
(natürlich auch keine scheißene Erfahrung
oder ähnliches, genauso wenig wie es eine egale
Entscheidung gibt, Oida.
Doch halt!, nur weil es hier und heute nicht nur, aber auch
um fäkale Ausdrucksweise geht, muss man nicht gleich ordinär werden. Das würde
mich nämlich scheiße dünken. Schönes Wochenende!
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