Freitag, 28. Februar 2020

Von Rindviechern lernen


Lange, o vielgeliebte Häsinnen, Haseretten und Häseriche, ja viel zu lange haben wir uns des Genderthemas enthalten. Beim Coronavirus wissen wir, dass es sowohl männlich als auch sächlich sein kann. Bei den Leuten ist es bekanntlich komplizierter. Ob Binnen-i, neuartige Pronomina, Gendern mit Bindestrich oder sonstnochwas – irgendwer ist immer unzufrieden. Allen voran euer alter Motzfrosch, der Zweckdichter, der am liebsten eine saubere Lösung hätte, die sich sowohl schön schreiben als auch gut aussprechen lässt.
Diese schimmert unverändert in weiter Ferne, während direkt vor unserer Nase Gendervarianten wuchern, die zwar gleichermaßen hässlich wie unpraktikabel sind, aber dafür so beinhart korrekt, dass man eine Dachrinne drum biegen könnte. Die Lösung du jour heißt: Wir verwenden immer den weiblichen Begriff. Damit man sich auskennt, was gemeint ist, stellt man „männlich“ oder „weiblich“ dazu. Man spricht also nicht mehr von Menschen oder Personen, sondern von Frauen. Wenn von eurem Ergebenen die Rede ist, dann sprechen wir von einer männlichen Frau, wenn von Verteidigungsministerin Tanner, dann von einer weiblichen Frau.
Vorgemacht hat das der Standard letzte Woche, und zwar in einem Artikel über die Möglichkeit, per Genschere hornloses Rindvieh zu erzeugen. Das las sich so:
Aktuell arbeitet Van Eenennaam in einem Projekt daran, mittels CRISPR die Gene von weiblichen Kühen derart zu manipulieren, dass sie Eigenschaften männlicher Kühe entwickeln. Der praktische Hintergrund dieser Forschungstätigkeit ist, dass bei männlichen Kühen das Verhältnis vom Fleischertrag zu den Futtermitteln höher ist als bei weiblichen. Sie sind daher das favorisierte Geschlecht bei Rindern in der Fleischproduktion.
(Bevor ihr googlet: In der Onlineversion wurden aus einer der "männlichen Kühe" Bullen.) Aus gegebenem Anlass und als qualifiziertes Landei, das in seinen ersten zehn Jahren mehr Kuhdreck gesehen hat als mancher biologisch bewegte Neustiftgassenbewohner in seinem ganzen Leben, darf ich deshalb eine Verlautbarung im öffentlichen Interesse vornehmen. Aufgepasst: Eine Kuh ist ein weibliches Rind, das bereits Mutter geworden ist, also das Viech mit (bisher noch) vorne Hörnern sowie innen Eierstöcken und hinten unten einem Euter, wo die Milch rauskommt.
Ein Bulle (gerne auch: Stier) ist ein männliches Rind mit (bisher noch) ebenfalls Hörnern, jedoch ganz hinten Hoden und hinten unten einem Penis, von dem du am besten die Finger lässt, außer du bist einer jener Spezialbegabten, die sich in die Kuhattrappe setzen, um dort das Sperma von Zuchtbullen zu ernten. Male dir das aus, und schon kommt dir dein eigener Job wesentlich besser vor. Man nennt dies das Prinzip der relativen Behaglichkeit.
Ein Ochse ist ein ebenfalls männliches Rind, das jedoch seiner Hoden verlustig gegangen ist, im Interesse gesteigerter Fleischproduktion.
Dass die betreffende Journalistin von männlichen Kühen faselt, wird aber nur diejenigen wundern, denen die elegante Formulierung das Verhältnis vom Fleischertrag entgangen ist. Wenigstens hier dürfen wir den Genitiv ruhig sein Gnadenbrot fressen lassen. Schönes Wochenende!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen