Freitag, 13. Januar 2023

Abgefahren

 

Angeblich, o leicht zu unterhaltende Lesehäschen, folgt nach der Tragödie die Farce. Derzeit erledigen wir aber anscheinend beides gleich in einem Aufwasch, nämlich, wenn es um die sogenannten Klimakleber geht. Einerseits tragisch, weil Menschen sich keinen anderen Rat mehr wissen, als sich an der Straße festzukleben, um auf ihr äußerst wichtiges Anliegen aufmerksam zu machen. Andererseits lächerlich, weil manche Politiker sich keinen anderen Rat mehr wissen, um ihrem Law-and-Order-Image auf die Sprünge zu helfen, als diese Protestaktionen mit terroristischen Akten in einen Topf zu werfen. Da muss man sich ernstlich fragen, ob diese Leute schon einmal innegehalten und sich vor Augen geführt haben, was beim herkömmlichen Terrorismus so abgeht? Meistens wird auf Menschen geschossen oder sie werden in die Luft gesprengt. Dass man eine Weile im Stau steht, damit ist es meistens nicht getan, wenn man Opfer von Terrorismus wird.

Seltsam ist auch, dass betroffene Autofahrer das Gefühl haben, dass ihnen persönlich da etwas zu Fleiß getan werde. Als die Querdenker – scheint schon ewig her zu sein! – um den Ring zogen, fühlte man sich ja auch nicht von ihnen angegriffen. Wer immer noch besorgt ist, dass er vielleicht zu viel von der Menschheit hält, der führe sich aber dieses vor Augen: Wenn man eine halbe Stunde steht, weil Klimaaktivisten auf der Straße kleben, finden sich gewiss im näheren Umkreis ein halbes Dutzend Menschen, die sich zumindest verbal zu heftigster Gewalt gegen jene bereiterklären.

Wenn man eine ganze Stunde oder länger steht, weil bei einem Unfall auf der Autobahn Menschen gestorben sind, nimmt man das hin. Kann man nix machen, Unfälle passieren. Während man die Proteste fürs Klima ja einfach bleibenlassen könnte, nicht wahr?

Kürzlich hatte euer Ergebener ein Gespräch zum Thema mit einem Freund. Jener pendelt. Mit dem Auto. Und erklärte sich umgehend gewaltbereit gegenüber den Aktivisten, sollten ihm solche einmal unterkommen. Das Gespräch fand Anfang Jänner im alpinen Raum statt. Es war Abend, und es hatte im Freien +6° Celsius.

Dem Freund war einerseits klar, dass da etwas nicht stimmte. Er fühlte sich aber andererseits von den Aktivisten auf den Schlips getreten, weil er sie als junge, verwöhnte, urbane Besserwisser empfand, die ihm, dem nicht mehr ganz jungen, keineswegs verwöhnten und alles andere als urbanen Berufstätigen eventuell den Weg zum Broterwerb verstellen könnten. Wer ist es, der hier gefühlte Befindlichkeiten gegeneinander in Stellung bringt, anstatt bei der Wissenschaft zu bleiben?

Ich weiß es auch nicht. Aber ich fürchte, damit haben wir geklärt, warum Tragödie und Farce in einem stattfinden, ja stattfinden müssen: Für eins nach dem andern fehlt die Zeit.

Schönes Wochenende!

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