Freitag, 31. Januar 2025

Rumgockeln


 

Der Hahnenkampf ist, o unterhaltungsfreudige Lesehäschen, ein beliebter Zuschauer- naja, Sport nicht wirklich. Sagen wir: ein Event. Wikipedia teilt mit, dass er sich nicht nur in zum Beispiel Indonesien, auf den Philippinen oder in Kuba ungebrochener Beliebtheit erfreut, sondern auch in vielen mexikanischen Bundesstaaten und bestimmten Regionen Frankreichs. Wir hingegen hatten bisher stattdessen Trash-TV: Man setzt eine Auslese von Gockeln aller verfügbaren Geschlechter irgendwohin, wo sie nicht auskönnen, zum Beispiel das Forsthaus Rampensau oder das Sommerhaus der Stars. Dann muss man nur noch warten, bis der erste den Kamm aufstellt, der nächste darauf reagiert, und in Nullkommanix fliegen die Federn. Die künstlichen Sporen ersetzt man durch kluge Auswahl des Personals, zum Beispiel die beiden Exen des dritten, sowie idealerweise den Entzug von Zigaretten.

Doch größerer Unterhaltungswert ist unterwegs zu uns, dank dem interessanten Verhalten der Wahlberechtigten allüberall. Bekanntlich geht die Zeit des storytelling in der Politik dem Ende zu. Auch Politik ist keine Wirklichkeit mehr, sondern Reality.

Zwar tun Rechten einstweilen noch so, als seien sie ein Herz und eine Seele. Doch spätestens, wenn alle sich volksnah installiert haben und anfangen wollen, unter unwesentlichem, aber umso aufdringlicherem Gepluster ihre Versprechen einzulösen, wird es rund gehen. Schon hat Trump angekündigt, Strafzölle zu erheben, während Kickl sein Schlachtross in Richtung US-Tech-Konzerne lenkt. Bald wird auch hier ein Krähen und Gackern anheben, das sich gewaschen haben wird. Frau Le Pen ist lieber daheim geblieben, als sich die Ehre von Trumps Inauguration zu geben, weil man in Frankreich halt rechts und Sozi sein kann, was sich in Iowa oder Kentucky kaum ausgeht. Das zufriedene Wahlvolk kann sich zurücklehnen und die Show genießen, während die aufgeregten Hähne Kehllappen und Wirtschaftskriegsmittel schwenken.

Danach werden wir irgendwann, wie nach jeder solchen Veranstaltung, heimwärts wackeln und uns vornehmen, unsere Stimme beim nächsten Mal klüger zu veranlagen. Beim übernächsten Mal werden wir das wieder vergessen haben, und alles geht von vorne los.

Viel Spaß und schönes Wochenende!

Freitag, 17. Januar 2025

Schlimmer geht immer

 

Es wird, o resignierte Lesehäschen, wohl ernst mit dem BuKaKi (Assoziationen zu schweinischen Internetphänomenen sind euch überlassen). Darob breiten sich Sorgen um die Zukunft des Kultursektors im Lande aus. (Klärung: Es breiten sich sowohl die Sorgen im Lande aus als die Sorgen auch den Kultursektor im Lande betreffen). Das liegt erst einmal daran, dass die FPÖ zweierlei Kulturen unterscheidet, und zwar nicht etwa „Trinkkultur und Esskultur“ oder „Hochkultur und Popkultur“ sondern – hättet ihr’s gewusst? – die „Volkskultur“ und den Rest. Dies führt zu der durchaus pikanten Konstellation, dass zum Beispiel Darbietungen und Erzeugnisse von Anselm Kiefer, Iggy Pop, Florentina Holzmeister und den Wiener Philharmonikern alle in derselben Lade liegen und warten, was passiert. „Kultur“ ist alles, was nicht theoretisch auch im Trachtenverein stattfinden könnte, ohne dass jemand verwundert die Augenbraue höbe.

Dazu habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht für euch. Die gute lautet: Das ist überhaupt nicht schlimm.

Die schlechte ist leider: Es ist noch viel schlimmer. Wie schlimm? Dazu blicken wir ungefähr ein Jahr in die Vergangenheit, hin zur Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres in Bad Ischl. Damals fand, wie zumindest in der Region lebhaft erinnerlich, unter anderem der sogenannte „Pudertanz“ statt: Die ansonsten nackte Choreographin Doris Uhlich puderte sich zu den Klängen klassischer Musik gründlich ein, was auch insofern verständlich war, als eine Schicht Puder bei den damals herrschenden Temperaturen besser war als nichts.

Bedenklicherweise bezeichnete der künftige BuKaKi dies als „linke Dekadenz in Reinkultur“. Er hätte auch sagen können, es handle sich um ein „Paradebeispiel linker Dekadenz“ oder um einen „Ausbund“ an derselben oder auch „das Schlimmste an linker Dekadenz, dessen Anblick nicht vermeiden zu können ich seit Langem das Missvergnügen hatte“.

Stattdessen hat er jene Formulierung gewählt, die am deutlichsten kundtut, wie vollkommen wurscht ihm Kultur jeglicher Art ist. Sie ist ihm als Lieferantin für eine sinnentstellende Phrase gerade gut genug, aber mehr auch nicht. Die „Reinkultur“ dient ihm dazu, das anzuprangern, was er für das Gegenteil von Reinkultur hält. Für ihn ist die Reinkultur bloß die Steigerungsform von etwas anderem. Sie selbst aber ist gar nichts.

Es sagt viel, aber nichts Erfreuliches über die Verfassung der österreichischen Politik, wenn jemand, der so wenig Empfinden für den Inhalt eines Wortes besitzt, rhetorisch im Vergleich zu den sonstigen rednerischen Nackerbatzeln so weit vorn liegt. Schönes Wochenende!

Freitag, 10. Januar 2025

Spielzug

 

Willkommen im aktuellen Jahr, o zukunftsbejahende Lesehäschen! Ein kluger Bekannter eures Ergebenen pflegte zu fragen: „Wollen wir in einer Welt leben, in der immer der Klügere nachgibt?“

Inzwischen hat sich das erledigt, indem der Klügere gar nicht mehr die Wahl bekommt, sondern einfach mit interessanten Ein- und Auslassungen überfahren wird. So zum Beispiel, wenn dein Paket bei DHL verschütt geht, was ja gerade um die Feiertage herum schon einmal passieren kann. Wenn das Ding schon seit einer Woche zum „Transport ins Zielland vorbereitet“ wird, kann der Naivling schon auf den Gedanken kommen, da einmal nachzuhaken. Man klickt sich also durch den Entscheidungsbaum, bis man bei einem Kontaktformular landet. Dieses füllt man aus.

Alsbald erhält man die Rückmeldung, dass das Serviceteam nur in English zu antworten imstande sei. Das rührt einen seltsam an, da die Sendung von Österreich nach Deutschland unterwegs und das Kontaktformular auf Deutsch gehalten ist. Noch seltsamer, weil dem Serviceteam nicht zuzumuten ist, die erhaltene Anfrage durch einen Online-Übersetzer zu schicken. Und am allerseltsamsten, weil es ja tatsächlich noch Menschen gibt, die mit dieser Rückmeldung mangels Englischkenntnissen nichts anzufangen wüssten.

Falls es einen Preis für die arroganteste, mieseste, faulste Ausrede für Service gibt, nominiere ich hiermit bereits jetzt DHL.

In verwandten Nachrichten (um in der sprachlichen Sphäre zu bleiben) hat Trump bekanntlich die Katze aus dem Sack gelassen, was die Basis seiner Außenpolitik betrifft: Es handelt sich offenbar um das seit Jahrzehnten beliebte Brettspiel Risiko, und Trump würfelt, um Grönland zu befreien, dessen König vielleicht klüger, aber jedenfalls mit geringerer militärischer Schlagkraft ausgestattet ist. Angesichts der martialischen Logik der Regeln (wenn du am Zug bist und nichts eroberst, pardon, „befreist“, kriegst du keine Karte, die du später gegen zusätzliche Kampfeinheiten eintauschen kannst), sind wir sehr gespannt, was sich hier am Ende als der Schlauere herausstellen wird. Freilich weiß man nicht, welche Mission Trump gezogen hat. Die beste Strategie für Frederik X. wird sehr davon abhängen, ob der Präsident 26 beliebige Länder zu befreien oder die Blauen von der Erdoberfläche zu tilgen hat. Oft kommt man aber mit der Zeit drauf.

Schönes Wochenende!