Freitag, 17. Januar 2025

Schlimmer geht immer

 

Es wird, o resignierte Lesehäschen, wohl ernst mit dem BuKaKi (Assoziationen zu schweinischen Internetphänomenen sind euch überlassen). Darob breiten sich Sorgen um die Zukunft des Kultursektors im Lande aus. (Klärung: Es breiten sich sowohl die Sorgen im Lande aus als die Sorgen auch den Kultursektor im Lande betreffen). Das liegt erst einmal daran, dass die FPÖ zweierlei Kulturen unterscheidet, und zwar nicht etwa „Trinkkultur und Esskultur“ oder „Hochkultur und Popkultur“ sondern – hättet ihr’s gewusst? – die „Volkskultur“ und den Rest. Dies führt zu der durchaus pikanten Konstellation, dass zum Beispiel Darbietungen und Erzeugnisse von Anselm Kiefer, Iggy Pop, Florentina Holzmeister und den Wiener Philharmonikern alle in derselben Lade liegen und warten, was passiert. „Kultur“ ist alles, was nicht theoretisch auch im Trachtenverein stattfinden könnte, ohne dass jemand verwundert die Augenbraue höbe.

Dazu habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht für euch. Die gute lautet: Das ist überhaupt nicht schlimm.

Die schlechte ist leider: Es ist noch viel schlimmer. Wie schlimm? Dazu blicken wir ungefähr ein Jahr in die Vergangenheit, hin zur Eröffnung des Kulturhauptstadtjahres in Bad Ischl. Damals fand, wie zumindest in der Region lebhaft erinnerlich, unter anderem der sogenannte „Pudertanz“ statt: Die ansonsten nackte Choreographin Doris Uhlich puderte sich zu den Klängen klassischer Musik gründlich ein, was auch insofern verständlich war, als eine Schicht Puder bei den damals herrschenden Temperaturen besser war als nichts.

Bedenklicherweise bezeichnete der künftige BuKaKi dies als „linke Dekadenz in Reinkultur“. Er hätte auch sagen können, es handle sich um ein „Paradebeispiel linker Dekadenz“ oder um einen „Ausbund“ an derselben oder auch „das Schlimmste an linker Dekadenz, dessen Anblick nicht vermeiden zu können ich seit Langem das Missvergnügen hatte“.

Stattdessen hat er jene Formulierung gewählt, die am deutlichsten kundtut, wie vollkommen wurscht ihm Kultur jeglicher Art ist. Sie ist ihm als Lieferantin für eine sinnentstellende Phrase gerade gut genug, aber mehr auch nicht. Die „Reinkultur“ dient ihm dazu, das anzuprangern, was er für das Gegenteil von Reinkultur hält. Für ihn ist die Reinkultur bloß die Steigerungsform von etwas anderem. Sie selbst aber ist gar nichts.

Es sagt viel, aber nichts Erfreuliches über die Verfassung der österreichischen Politik, wenn jemand, der so wenig Empfinden für den Inhalt eines Wortes besitzt, rhetorisch im Vergleich zu den sonstigen rednerischen Nackerbatzeln so weit vorn liegt. Schönes Wochenende!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen