Freitag, 16. Februar 2018

Gemischter Satz

Vor einer Weile, meine lieben Lesehäschen, habe ich zufällig einen Artikel über automatisch generierte Nachrichtenartikel gelesen. Ich vermute, dass es davon schon mehr gibt, als man auf den ersten Blick glauben sollte. So übernahm Der Standard kürzlich die Agenturmeldung von einem Zugsunglück in den USA, wobei der Zug mit umgerechnet rund 96 Stundenkilometern unterwegs gewesen sei. Sofort ersteht vor unserem geistigen Auge das Bild einer Nachrichtenagenturmitarbeiterin, wie sie die Parameter für das Übersetzungsprogramm angibt und dabei festlegt, dass Maßeinheiten automatisch ins metrische System umzurechnen seien. Nur ergibt es natürlich nicht den geringsten Sinn, bei physikalischen Größen eigens anzugeben, dass hier etwas „umgerechnet“ wurde. Es sei denn, man wollte seine Leser gratis weiterbilden, indem man ihnen mitteilt, wieviele Stundenmeilen „rund“ 96 km/h entsprechen. Nur fehlte die Angabe der Geschwindigkeit in Stundenmeilen, weil das Übersetzungsprogramm ja nur umrechnet, aber nicht umformuliert, weshalb auch das völlig sinnlose „rund“ stehenblieb.
Anlass zur Hoffnung gibt uns die Tatsache, dass die Stelle in der Onlinefassung tatsächlich korrigiert wurde: Hier ist immerhin von einer Geschwindigkeit von fast 60 Meilen in der Stunde (etwa 96 Stundenkilometer) die Rede. Das „etwa“ bei einer Angabe, die auf ein Prozent genau daherkommt, irritiert aber immer noch.
Beim Ausmisten (der Zweckdichterhund bekommt seinen eigenen Schreibtisch, daher sind Umräumarbeiten unerlässlich) ist mir ein Zubehörkabel für Kopfhörer untergekommen, in der originalen Kunststoffbox. Diese trägt die Aufschrift For shipping only. Remove before use. Ach, was gäbe ich darum, den Menschen, der diesen Hinweis benötigt, eine Banane essen zu sehen! Ich stelle mir das ungefähr so vor wie Fig. B oder D in der schönen Tischmanieren-Illustration von Loriot (bitte selber googlen, hier gibt’s nur in ganz seltenen Ausnahmefällen Bilder). Hingegen will ich den Betreffenden keinesfalls beobachten müssen, wie er ein Kondom verwendet.
Zu denken gibt mir auch der nach 22 Uhr allgegenwärtige Werbespot einer Partnervermittlungsagentur der lebensbejahenden Art, die sich mit einer achtzigprozentigen „Flirt-Erfolgsrate“ nun ja, brüstet. Was genau ist ein „Flirt-Erfolg“? Etwas sagt mir, dass damit nicht ein duftender Handschuh gemeint ist, den die Angebetete vom Balkon flattern lässt, nachdem ihr Beau eine Serenade dargebracht hat.
Etwas anderes sagt mir, dass die achtzig Prozent frei erfunden sind, weil niemand so bescheuert ist, Fragen eines Online-Flirtvermittlers zum Verlauf eines Abends zu zweit (oder zu mehreren) zu beantworten. Zumindest hoffe ich das, denn man hegt ja gern Hoffnung für die Menschheit. Mit dem Alter wird dieser Drang immer stärker, auch wenn die Basis der Hoffnung an Substanz einzubüßen scheint. Das liegt an Menschen wie Herrn Karl Mahringer, der, qualifiziert durch seine Erfahrungen in Export-Import-Geschäften mit Afghanistan, über dasselbe einen Länderbericht verfasst hat. Dieser dient als Grundlage für nicht wenige Abschiebungen afghanischer Asylwerber, weil Herr Mahringer geschrieben hat, dass es in Afghanistan eh nicht sooo arg ist. Nun hat ein Plagiatsjäger festgestellt, dass es um die wissenschaftliche Qualität des Berichts traurig steht. Gegen diesen Vorwurf verteidigt sich Herr Mahringer nicht etwa mit einem Nachweis des Gegenteils, dass er sehr wohl wissenschaftlich vorgegangen sei, sondern mit dem Hinweis, er habe eh geschrieben, dass er das nicht getan hat. Ich wäre gern dabei gewesen, als die Verantwortlichen im Innenministerium besprochen haben, wie sie mit diesem Hinweis umgehen sollen. Aber noch lieber würde ich das mit der Banane sehen. Schöne Woche!

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