Auf Wunsch einer mir
besonders teuren Leserin (also, ihr seid mir ja alle besonders teuer, schon
weil ich so wenige von euch habe) widmen wir uns heute dem Thema der Groß- und
Kleinschreibung. Eilige lesen nur die Kurzfassung:
"Wer zu faul ist, in E-Mails Wörter groß zu
schreiben, die groß geschrieben gehören, der frisst auch kleine Kinder, hat
wahrscheinlich einen kleinen Penis (gilt auch für Frauen) und ist überhaupt ein
kleinkarierter Kleingeist von der Sorte, die als erste an der Wand stehen, wenn
eine Revolution kommt, und sei es nur eine kleine."
So.
Die Langfassung ist, leider
und natürlich, komplizierter. Seit ungefähr 350 Jahren gibt es im Deutschen
das, was wir als Groß-/Kleinschreibung kennen: Große Eigennamen und
Satzanfänge, große Substantive und substantivierte Wörter, und so weiter. Kleinschreibung (bis hin zur völligen
Kleinschreibung ganz ohne Großbuchstaben) blieb
fortan Künstlern vorbehalten. Christian Ide Hintze schrieb klein, Ernst
Jandl kam oft gut ohne Versalien aus, Stefan George desgleichen.
So weit, so gut, so analog. Dann bekam
plötzlich jeder von uns eine Tastatur vor den Latz geknallt, und alsbald erwies
sich wieder, was eh schon altbekannt war: Die
Menschen sind schon recht, nur die Leut' sind ein G'sindel. Immer seltener
fanden Schreibende den Weg zur Shift-Taste, E-Mails versanken in einem brei aus
kleinbuchstaben, durch den sich der empfänger mühsam durchessen musste wie der
arme kerl im märchen.
Ist es das wirklich wert? Ersparen wir uns mit der Kleinschreiberei so viel
Mühe, dass es dafür steht, dem ebenfalls geplagten Nebenmenschen die Lektüre dieses
Minuskelmorastes aufzuhalsen? Ich erspare es mir, hier die gut abgehangenen
Beispiele anzuführen, von wegen dem „gefangenen floh“ und „die spinnen“ und so
weiter. Genügt es doch zu sagen, dass die deutsche Großschreibung das Lesen und damit das
Leben leichter macht.
Deshalb
ganz klar: Nein, die Kleinschreibung ist
es NICHT wert. Gepflegte Groß-/Kleinschreibung ist eine höchst schätzbare
Form der Höflichkeit, sie schmeidigt die Kommunikation, ja, ich stehe nicht an
zu sagen: Sie zeugt von Herzensbildung.
Strecken wir (als zehnfingrige Tippsler) den kleinen Finger im richtigen
Moment, bemühen wir (als Adler-Suchsystematiker) den freien Zeigefinger, und
nicken wir so unserem Nächsten freundlich zu, im stummen Einverständnis, dass
wir einander als Menschen wertschätzen. Hurra!
Und
wer jetzt in die andere Richtung kippt und ein ALL-CAPS-SCHREIHALS wird, der
kommt gleich ohne Umweg in die Wurst.