Ach, hätte ich einen
Beistrich für jeden Beistrich, nach dessen korrekter Setzung sich bei mir schon
erkundigt wurde! Dann müsste ich nicht die langen Winterabende damit
verbringen, unter der Lupe welche zu schnitzen, auf dass auch künftig die Texte
sorgfältig gegliedert seien.
Deshalb und auf
vielfachen (also: zwiefachen) Wunsch geht es heute weiter mit den
serviceorientierten Freitagen und (vielleicht auch: , und) wir widmen uns der
Frage, ob da ein Beistrich gehört oder warum nicht. Ob wir damit heute fertig
werden, ist zweifelhaft.
Zunächst muss ich
leider festhalten, dass Beistriche oder, wie im Duden und generell in
Deutschland gebräuchlich, Kommata grundsätzlich nichts Gutes sind. Setzt man einen Beistrich, dann wittert mancher
Kunde einen unerwünschten Schachtelsatz, der potenzielle Konsumenten verwirren
könnte. Man möchte dem entgegenhalten, dass ja bekanntlich ohnehin keiner die
Copy liest, außer einige wenige Neugierige, die sich auf einem Bildungsniveau
bewegen, das es ihnen gestattet, auch Beistriche zu verdauen.
Setzt man
andererseits keinen, kann es sein, dass einer fehlt.
Die Beistriche lassen
sich ganz einfach einteilen in die eh
klaren, die unklaren und die fakultativen.
Die offensichtlich
notwendigen Beistriche sind erstens jene, die Gliedsätze abtrennen wie diesen hier. Selbstverständlich gehört
hierher auch, dass Objektsätze einen
Beistrich erfordern.
Ebenso steht es z.B. mit
Kausalsätzen, weil sonst etwas
fehlen würde.
Dasselbe gilt auch
für die indirekte Rede, in welcher
mich ein Leser gefragt hat, ob heute die Beistriche drankämen.
Zweitens gelingen den
meisten Language-Usern die Beistriche in Aufzählungen,
Listen und Aneinanderreihungen
gleichwertiger Satzglieder oder auch Teilsätze: Ich schrieb den Satz,
vermisste einen Beistrich, holte ihn aus der Lade und setzte ihn an seinen
Platz.
Drittens sind die
Beistriche vor und nach Beifügungen, auch bekannt als Appositionen, allgemein geläufig.
Die zweifelhaften Beistriche fehlen häufig,
sollten uns aber erfreuen:
Vergleichssätze sind ohne Beistrich nicht so hübsch, wie sie sein
könnten.
(Vergleiche brauchen
einen Beistrich nicht so dringend wie Vergleichssätze.)
Schlimm sind die fakultativen Beistriche, die wir der
Rechtschreibreform verdanken. Sie kommen am häufigsten bei den Infinitivgruppen
vor, und man darf sie setzen oder nicht.
Der Effekt der Reform
lässt sich gut zusammenfassen: Wo man früher der Klarheit halber einen
Beistrich setzen musste, darf man ihn jetzt der Unklarheit halber weglassen. Wo
man früher keinen setzen durfte, weil eh alles klar war, darf man es jetzt, um
die Verwirrung zu steigern.
Ich empfehle daher,
sich an die alte Regel zu halten und
die neue Freiheit den Narrenkappenträgern zu überlassen. Die Regel lautet:
Ein einfacher Infinitiv braucht keinen
Beistrich, also:
"Wir versuchten
zu gewinnen."
Ein erweiterter Infinitiv bekommt einen
Beistrich:
"Wir versuchten,
unsere Kunden mit akrobatischen Übungen zu beeindrucken."
Als Erweiterung
gelten auch schon Kleinigkeiten wie ohne, statt, außer, als:
"Wir gewinnen
lieber, als zu verlieren."
Ich würde sagen, das
reicht für heute. Bis zum nächsten Mal schreibt jeder drei Sätze mit erweiterten Infinitiven. Weiter geht’s am 21.
Februar!
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