Es ist Zeit für ein weiteres peinliches Geständnis. Euer
ergebener Zweckdichter ist nicht nur in vieler Hinsicht ein Problembär, er ist
auch in Modefragen weitestgehend
ohne den Tau des Nebels der Spur einer Ahnung. Die Schwierigkeit der Mode ist
nämlich, ob das gut aussieht, und ob es trotzdem super ist, wenn nicht.
Außerdem, bittesehr: Haute couture?
Pret-a-porter? Mein Französisch war noch nie besser als heute, aber das
ist, als würde ich sagen, dass ich noch nie einen schöneren Rittberger gesprungen habe als gestern.
Ebenso wie beim Französischen, so habe ich auch mit der Mode
meine Verständnisschwierigkeiten. Besser gesagt: hatte, denn mittlerweile ist
mir alles klar. Die Schwierigkeiten rührten, wie schon angedeutet, daher, dass
ich öfter mal rätselte, was das
eigentlich soll. Wenn Uma Thurman als Mia Wallace in einer weißen Bluse mit
langen Manschetten durchs Wohnzimmer tänzelt, sieht das natürlich schon was gleich.
Wenn Karl Lagerfeld aus seiner Lade voller Krägen den passenden für heute
Nachmittag wählt, ebenfalls. Audrey Hepburn in Givenchy, deine Nachbarin im
Rock von Lena Hoschek, euer Ergebener in seinem ziemlich frischen Dreiteiler
(auch die Weste mit Revers) – das bietet was fürs Auge.
Aber geht es darum? Wenn ja, weshalb gibt es dann Mode, die,
darauf können wir uns wohl alle einigen, bestenfalls auffallend ist? „Schön nicht, aber selten“, wie man im
Lande meines Aufwachsens sagt. Sphärische Umrisse, Anzüge, in denen man sich weder
setzen kann noch von seiner Mutter gesehen werden will – sind das ästhetische
Statements oder Versehen?
Glücklicherweise durfte ich vor einer Weile ein Interview
mit Carl Jakob Haupt lesen. Carl Jakob Haupt
ist, für alle, die ebenso ahnungslos sind wie ich, geradezu haarsträubend
angesagt. Er nennt ein Modelabel sein eigen, für das ich nie jung genug war. Er
schreibt einen Modeblog mit Fotos, die ihn im glänzenden Anzug vor glänzendem
Auto zeigen, mit Sätzen wie Frankfurt ist
das neue Ding und so flog ich wehmütig nach Berlin und wusste was ich zu tun
habe. (Die Beistriche und das Plusquamperfekt hat Herr Haupt eingespart,
nicht ich.) Er veranstaltet in Berlin Partys, die an Zaphod Beeblebrox’ unvergesslich selbstbewusste Ansage gemahnen: I’m so hip I have difficulty seeing over my
pelvis. Kurzum, Carl Jakob Haupt ist, der menschgewordene Trend, dem 20 %
vergeblich hinterherhetzen, während weitere 75 % so vermützt sind, dass sie
nicht einmal mitbekommen, dass das Leben mit Volldampf an ihnen vorbeizieht. Angesichts
dieses Overkill an urbaner Lässigkeit geraten Midlife-Bobos leicht in Versuchung, Jakob Haupt als unausstehlichen
Wichtigtuer abzutun, auf den man lieber nicht neidisch wäre. Doch das wäre
voreilig.
Carl Jakob Haupt ist ein viel klügerer Kopf, als er sich alltags
anmerken lässt. Er hat in obgedachtem Interview das vielleicht Erhellendste zum
Thema Mode geäußert, das mir je untergekommen ist: Es gehe eben nicht um
Schönheit, denn in einem schwarzen Anzug mit weißem Hemd fesch sein – das könne
jeder. Vielmehr: Es ist total wichtig, scheiße auszusehen und das auch auszuhalten. So
Berlins oberster Dandy, und wir wissen endlich, wo das Dandytum heute steht.
Von Oscar Wilde bis zu den Mods ging es darum, Trends vorauszueilen und sie
gleichzeitig auf die Spitze zu treiben, in einer Weise, die beim Betrachter
eine Entscheidung provozierte – man konnte es toll finden oder bescheuert, aber
die eine Reaktion war klar positiv konnotiert, die andere negativ. Heutige
Dandys betreiben nicht mehr Optimierung, sondern selbstbestimmte Kommunikation.
Im Zweifelsfall auch dann, wenn du gerade einen Scheiß zu sagen hast.