Mittelworte,
teure Häschen, sind mitunter Glückssache. Was war noch ein Mittelwort? Oder
besser: Was waren noch die Mittelworte? Denn es gibt, wie bei den Leuten, zwei
Sorten davon: das Mittelwort der Gegenwart
und das der Vergangenheit. Ersteres
ist von Nutzen, willst du von brennenden Häusern sprechen, von spannenden Filmen, weinenden Männern und fickenden
Fischen. Man sieht schon: Das Mittelwort der Gegenwart, oder, wie es heißt, wenn
es eine Weile auf der FH war, das Partizip Präsens (mit Uniabschluss: Participium praesentis), ist nichts für
Zartbesaitete. Es funktioniert ganz einfach: Du hängst –end an den Wortstamm eines Verbs, und schon hast du das Verb in
ein Adjektiv oder Adverb verwandelt. (Der Wortstamm ist der Teil eines Verbs,
der sich in den Gegenwartsformen nie ändert. Der Wortstamm von singen ist z. B. sing-).
Ist das Mittelwort der Gegenwart etwas für die feurigen
Seiten des Lebens, so ist es doch nicht gar zu häufig. Viel öfter läuft dir das
Mittelwort der Vergangenheit über den Weg, das Participium perfecti, das du brauchst es, sobald du etwas getan hast, irgendwohin gegangen bist, eine Runde geschlafen, gelesen, gegessen oder überlegt hast. Genau: Du verwendest es,
um die Vergangenheit zu bilden, deshalb wurlt es nur so von Mittelwörtern der
Vergangenheit. Denn es gibt viel mehr, was schon geschehen ist, als es scharfe
Sachen im Leben gibt, logisch.
Das Partizip Perfekt kann noch mehr: Es kann auch ein Adjektiv oder Adverb werden, aber mit einem großen Unterschied zum Partizip
Präsens. Während dieses aktiv ist, wird in jenem Passives getan. Ein loderndes Feuer
ist ein Feuer, das lodert. Ein zufriedengestellter Kunde hingegen hat nicht zufriedengestellt,
er ist zufriedengestellt worden. Wenn
man da nicht aufpasst, kann man leicht in die Bredouille geraten, wo es
bekanntlich warm, aber ungemütlich ist.
War ich doch kürzlich ein Lesender, bzw. konnte gelesen
werden:
Es findet sich dort
eine die gesamte Community von Chinesen verhetzende und zu Freiwild erklärende
Aussage, die strafrechtlich bedenklich ist. Abgesehen von der fragwürdigen Community von Chinesen, die vielleicht
eher eine „chinesische Community“ bilden, ist hier das Partizip Präsens
anscheinend passiv gedacht. Denn die Aussage
verhetzt keine Chinesen, es werden ungenannte Dritte gegen Chinesen verhetzt.
Die Sache geht natürlich trotzdem nicht auf, weil der Autor wahrscheinlich
außerdem verhetzen mit verunglimpfen oder herabsetzen (reimt sich immerhin!) verwechselt hat. Aber vom
Mittelwort haben wir schon lange nichts mehr gehört, da war mir heute jede
Ausrede recht. Schönes Wochenende!
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