Freitag, 21. Februar 2020

Für Groß und Klein


Auf nichts ist mehr Verlass, o vielgeliebte Häschen! Zum Beispiel kann es dir heute passieren, dass du als Frau mit Migrationshintergrund hierzulande Justizministerin wirst, und auch wenn du einen Doktortitel und beeindruckend viel Erfahrung hast, bleibt das zum Staunen. Weniger erstaunlich für alle Kenner des österreichischen Innenlebens ist leider, dass du praktisch von der Vereidigung an Personenschutz brauchst, weil es nicht an Trotteln mangelt, die dich mit Drohungen bombardieren.
Auch die Oscar-Jury tut, was sie will. Wenn ein Film zum besten Film gekürt wird, den du richtig gut gefunden hast, spricht das dann für die Jury oder ist das einfach eine Alterserscheinung?
Mein Tipp: Warten wir ab, was beim heurigen ESC herauskommt. Wenn ein echtes Superlied gewinnt, ist es vielleicht an der Zeit, mich freiwillig in die Sachwalterschaft zu begeben. Freilich müsste dafür ein Teilnehmerland ein echtes Superlied in den Bewerb schicken. Also, wahrscheinlich muss euer Ergebener für fragwürdige Entscheidungen weiterhin selber geradestehen.
Geradestehen – hach! was eine Überleitung! – muss man auch für die eigene Rechtschreibung. Sogar, wenn du extra 200 Wörter in dein Hüheft schreibst anstatt nur 180, kann das ins Auge gehen, wenn du die 20 zusätzlichen Wörter für entsprechend mehr Fehler nutzt.
Sogar dort, wo der Textboden mit einem fest-federnden Laubteppich lockt, kann sich eine Wolfsgrube voll fieser Spitzen verbergen. Woran erkennt man nochmal ein substantiviertes Wort, das von Haus aus kein Substantiv ist? Am einfachsten daran, dass ein Artikel, Demonstrativ-, Possessiv- oder Indefinitpronomen dazugehört – das Motzen, dieses Zögern, kein Warten, viel Jubeln, mein Rumeiern, ihr Lächeln. Ähnlich funktioniert es mit Präpositionen: mit Denken, durch Streicheln.
Die letzte Möglichkeit ist eine Konstruktion mit Genitiv, denn damit etwas jemandem gehören kann, muss etwas da sein, das jemandem gehören kann – eine Substanz, sozusagen, ausgedrückt im Substantiv: des Wolfes Heulen, der Beratung Klagen. 
Wie schreibt man nun aber AUF ALLEN VIEREN? Anscheinend so: auf allen Vieren. Denn es steht die Präposition auf am Anfang, und es sind offenbar die Gliedmaßen (jene vier, auf denen man sich krabbelnd fortzubewegen pflegt, auf die Gründe müssen wir hier und jetzt nicht eingehen) mitgedacht, bleiben aber ungenannt.
Tatsächlich schreibt man aber korrekt: auf allen vieren. Warum? Einfach so. Grundzahlen (solange sie kleiner als eine Million sind) schreibt man auch dann klein, wenn sie formal substantiviert sind: Diese drei habe ich schon einmal gesehen. Über vierzig brauchen viele eine Brille.
Basta. Was anderes ist es natürlich, wenn es nicht einfach um die Zahl geht, sondern um eine zusätzliche Bedeutung. Hast du zum Beispiel lauter Einsen im Zeugnis, dann darfst du sie erstens großschreiben und dir zweitens auf die Schulter klopfen, weil du offensichtlich nicht im österreichischen Bildungssystem herumgrundelst, wo du bestenfalls auf lauter Einser hoffen könntest. Dann noch eine Sechs gewürfelt, und du hast gewonnen.
Schönes Wochenende!

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