Die Welt ist klein geworden, o teure und trotz geschrumpfter
Welt nun allzu ferne Lesehäschen. Das hat nichts damit zu tun, dass man nun mit
Menschen von Angesicht zu Angesicht plaudert, die weit, weit weg von dir sitzen.
Denn das bedeutet nicht, dass die Welt klein geworden wäre, sondern nur, dass
du nicht hinaushoppeln darfst.
Hingegen ist der Horizont mittlerweile doch sehr eng, wie ich
euch als beflissener Zeitungsleser mitteilen muss.
Es ist noch gar nicht so lange her, da hatte die Zeitung
meiner Wahl einen Teil namens „International“,
und darin stand, was anderswo in der Welt so abging.
Heute hingegen eröffnete dieser Teil mit einer halben Seite
über Joe Biden. Man blättert um und sieht: eine Doppelseite darüber, wie die
österreichische Regierung von Sebastian „Ich
weiß Bescheid, aber ich bin so viel kompetenter als ihr, dass ich euch nicht
verraten darf, was nächste Woche passiert“ Kurz abwärts sich im
Krisenmanagement macht.
Das ist sehr eng gegriffen, n’est pas? Wenn es wenigstens um das Krisenmanagement der Vorarlberger Landesregierung ginge,
dann fänden wahrscheinlich große Teile der Leserschaft nicht viel dabei, das
unter „International“ abgehandelt zu sehen. Aber der Ballhausplatz?
Dazu gab es ein bisschen Krisenmanagement anderwärts, einen
kleinen Artikel über Syrien, und sonst nicht viel. Zurück zur Coronakrise in
Österreich. Wir sind offenbar so distanziert nicht nur von unseren Nachbarn, sondern
von der Welt, dass es für uns relevanter ist, wie der fünfundzwanzigste
Journalist mit Homeschooling
klarkommt und die zweiunddreißigste Journalistin ihre innere Schweinebitch
besiegt und täglich brav auf dem Balkon trainiert, als: Wie andere Länder
klarkommen. Gibt es was Neues aus New York? Aus Beirut? Paris? Bangkok? Tokio?
Anscheinend nicht, und das ist erst der Anfang. Denn in ein paar Wochen werden nur die Singles unter euch
einstweilen noch verträglichen Häschen weiterhin auf eigenen Beinchen die
Weiten der eigenen Wohnung erkunden. Wer aber seinen Bau mit anderen Häschen
teilt, der wird dann Bulletins aus fernen
Gegenden erhalten: Wie zum Beispiel die Sonne zum Kinderzimmerfenster hereinscheint.
Wie im Wohnzimmer das Kleinklima so ist.
Unter „International“
werden wir dann lesen, dass der Teppich im Vorzimmer Wellen schlägt. Und so
weiter. Denn wer vollzählig auferstehen will (eine ganze Weile nach Ostern, so
wie es aussieht, denn um mit drei Tagen Lockdown
auszukommen, muss man schon Gottes Sohn sein), der tut gut daran, sich auch im
engsten Kreis zu distanzieren. Die wenigsten Familien sind dafür gemacht, sich
24 Stunden am Tag liebzuhaben. Deshalb: Ab mit der einen ins Schlafzimmer, mit
der anderen ins Wohnzimmer, und wo halt Platz ist. Da freut man sich dann, wenn
man Nachrichten aus Räumlichkeiten erhält, die man schon lange nicht mehr
gesehen hat! Je nach Belegdichte sollten Schlüsseltechnologien wie die Toilette
(Schüsseltechnologie, haha!) allgemein zugänglich bleiben oder zumindest
rotierend belegt werden, sodass man sich dazwischen mit einem Kübel behelfen
kann.
Wer weiterhin heile Familie spielen will: Wünsche Glück! Im Normalfall ist der
Hüttenkoller vorprogrammiert, und wer das Monopolyspiel noch nicht entsorgt oder
dem missliebigen Nachbarn untergeschoben hat, der hat sich das mittelfristige
Blutbad selber zuzuschreiben. Schönes Wochenende!
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