Freitag, 4. Februar 2022

Hinschauen!

 

Jetzt heißt es sich die Sache gut einteilen, o gern berieselte Lesehäschen. Wer ins Programmheft schaut, der erkennt sogleich, warum analoges Fernsehen immer noch seine Berechtigung hat. Es ist Autounfallzeit, Herrschaften, es wimmelt nur so von Unterhaltungsangeboten, bei denen man nicht wegschauen kann, so sehr man es sich auch wünschen mag. Vom Dschungelcamp wollen wir gar nicht reden, hier wird für Feinspitze wie unsereinen mit zu billigen Reizen gespielt, und mit Tara „Regenbogenmaschine“ Krenn ist die letzte Ausrede ausgeschieden, hier nicht zügig vorbeizuzappen.

Stattdessen haben wir DSDS, wo die neue Jurytruppe einen ganz eigenen Reiz verströmt. Der eine, der mal mit Helene Fischer zusammen war, schaut meistens so drein, als sollte er nötig mal aus dem Blick der Kamera verschwinden, um endlich eine Line zu ziehen. Der andere, der mal mit Demi Lovato irgendwas gemacht hat, versucht Seriosität zu verströmen, was die dritte ständig sabotiert, weil sie sofort zu abzuhotten anhebt, sobald ein Kandidat etwas singt, das dafür die geringste Ausrede bietet.

Weiters haben die Winterspiele begonnen. Wer im Vorfeld mitbekommen hat, wie wenig Weltklassekompetenz die chinesischen Athleten einerseits in den meisten klassischen Wintersportarten mitbringen und wie viel Medaillendruck andererseits die politischen Kader aufgebaut haben, der freut sich jetzt schon auf Cringe-Spiele, die ihresgleichen suchen. Selbst mit dem besten Trainingsprogramm der Welt wird halt in vier, fünf Jahren aus einem Top-Schwimmer oder einer Weltklasseturnerin keine Slalomläuferin und kein Biathlet, die international etwas zu melden haben. Kein Wunder, dass im Vorfeld eine Infobroschüre an Athleten ausgegeben wurde, deren Titelbild an das Finde-die-Fehler-Bild in der Spatzenpost erinnert: Anscheinend geht es um Snowboarden, aber da fährt jemand in einem Parallelkurs, dessen Tore alle dieselbe Farbe haben, rückwärts von der falschen Seite ums Tor herum.

Doch selbst die Spiele werden im Peinlichkeitsreigen gegen das abstinken, was GNTM wieder zu werden verspricht. Schon die erste Folge verhieß Großes. Hexe Heidi wurde offenbar vom Team auf Diversity!!! gedrillt, weshalb sie in leicht vorwurfsvollem Ton alle zehn Minuten verkündet, alles sei so divers, weil man sich das ja so gewünscht habe. Hat man wirklich?

Anscheinend tritt GNTM an, aus der Welt zu räumen, was der Modelbranche gern vorgeworfen wird:  dass sie nicht die Realität unserer Körper widerspiegle.

Vielleicht ist es Zeit, entgegnen: Na und? Auch die Athleten in Beijing spiegeln nicht die Realität unserer Körper wider (nicht einmal die chinesischen). Dass sie es nicht tun, ist die Voraussetzung dafür, in ihrer Branche zu reüssieren. Die besseren Kandidaten von DSDS spiegeln ganz gewiss und zum Glück nicht die Sangesrealität eures Ergebenen wieder.

Bisher war das auch bei Models so. Nun aber regiert hier ein Verständnis für die kleinen menschlichen Unzulänglichkeiten, die wahrscheinlich auch einen einarmigen Möbelpacker engagieren würde, um die Diversität zu fördern. Wenn Leute in einer Fleischbeschaubranche groß herauskommen wollen, ist es dann verkehrt, von ihnen die entsprechenden Schauwerte zu erwarten? Das mögen andere entscheiden. Der Autounfallqualität von GNTM kann die neue Achtsamkeit jedenfalls nur zugute kommen. Schönes Wochenende!

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