Fasching, helau, oreore und überhaupt! Zwar dauert es noch ein Weilchen, bis die närrischen Tage so richtig in die Gänge kommen, aber spätestens dann zeigt sich in unseren Breiten, wer in der Stadt wohnt, weil die hemmungslose Einlassung auf fasnetliche Exzesse ja in Österreich, wie die eigenhändige Grabpflege, ein eminent ländliches Phänomen ist. In Deutschland ist das bekanntlich anders, da wird auch in dichter verbauten Gebieten saisonal die Sau rausgelassen.
Doch lustig ist das meist nur halb, wenn überhaupt. Also sprechen wir gleich über den Stoff großer Tragödien. Wir kennen ja die Geschichten von Macbeth und seiner Lady, von Othello und Jago, von Faust und Mephisto. Die größten Geister haben ihr Bestes gegeben, um die Katastrophen so recht fühlbar zu machen, die das Aufeinandertreffen konträrer Charaktere gebiert, wenn einer es gut meint und der andere vielleicht besser, vielleicht schlechter, aber jedenfalls auf moralisch tönernem Fundament.
Schade ist nur, dass sie bei der Auswahl geeigneter Protagonisten auf ihre Phantasie angewiesen waren und deshalb auf Paarungen verfielen, bei denen zwei einander halt nicht grün sind, aber ganz ehrlich, was ist das Schlimmste, das passieren kann, wenn ein Feldherr und sein Adjutant, ein Fürst und sein Berater sich in die Haare kriegen? Hätten die Dichter das eine oder andere Bauprojekt angerissen, dann wären sie mit etwas Glück Zeugen eines Trauerspiels geworden, bei dem es auch im äußeren Ergebnis etwas auf dem Spiel steht und das wie kein anderes aus dem verseuchten Humus einer toxischen Beziehung zu wuchern vermag. Wir sprechen natürlich von jenem Grundkonflikt der condition humaine, der nicht nur ihre beiden Gegenspieler, sondern auch die umliegende Topographie nachhaltig in Mitleidenschaft zu ziehen vermag, jenem zwischen dem Polier und seinem Baggerfahrer.
Idealerweise wirkt dieses Paar in fruchtbarer Eintracht mit klar verteilten Rollen, wobei der Polier klare Anweisungen gibt, die der Baggerfahrer mit sanft, aber bestimmt geführter Schaufel treulich in die Wirklichkeit überführt, sodass Erde und Stein sich gerne der gestalterischen Absicht fügen.
Idealerweise.
Wenn du aber mittags den Blick vom Rechner hebst und dein Vorgarten aussieht wie Nordfrankreich nach der Somme-Schlacht, dann ahnst du, dass es zwischen den beiden nicht ganz so harmonisch läuft, wie es sollte. Die schlechte Nachricht lautet: Du hast zwar einen erstklassigen Platz Parkett Mitte. Aber mehr als zuschauen kannst du nicht. Genieße also, wenn auch unter Schaudern, wie das Drama sich entfaltet. Der Polier gibt, wie mit dir besprochen, Anweisungen. Der Baggerfahrer hat dazu seine eigene Meinung. Je nach Charakter widerspricht er oder grunzt zustimmend. Er kann sich beides leisten, denn am Ende sitzt er ja doch am längeren Hebel, beziehungsweise an den beiden einzigen Hebeln, die hier zählen, jenen, welche die Schaufel kontrollieren. Die Tragik liegt im Vis-a-vis von höherer Autorität des Poliers auf der einen Seite, die sich auf der anderen Seite der überlegenen Kraft des Baggers geschlagen geben muss. Es gibt, wie Adorno wusste, kein richtiges Leben im falschen. Und ein echter Polier ist erst, wer es geblieben ist, obgleich er diese Wahrheit auf einer Baustelle ertragen musste, die er mit den besten Absichten, aber einem schlechten Baggerfahrer betrat.
Die gute Nachricht: Der nächste Frühling kommt bestimmt, dann kann man da noch viel machen. Schönes Wochenende!
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