Werte Lesehäschen, Wahlkampf ist. Woran ich das erkannt habe?
Richtig: Am Stopp. Ohne wenigstens eine Aufforderung, einem Dativ Einhalt
zu gebieten, wäre hierzulande kein Wahlkampf komplett. Die
Wahlkampfheadlinetexter wollen mitteilen, dass ihr Kandidat bereit ist, etwas
Unerfreuliches aufzuhalten. Und weil sie auf dem Weg in die
Wahlkampfzentrale an der Kreuzung halten mussten, schreiben sie „Stopp“. Schließlich hat das Stoppschild
auch ihrem Fortkommen Einhalt geboten. Man muss das verstehen: In den Zentralen
summt und brummt es, Entscheidungen werden getroffen, Praktikanten legen den
Grundstein für eine Zukunft voller Karriere, Weltverbesserung und
Aufwandsentschädigungen. Zuckerln werden gewickelt, Pressekonferenzen geplant,
Reden geschrieben, Härchen gezupft. Niemand hat Zeit, einen zweiten Blick auf
die Wahlwerbemittel zu verschwenden.
Diesmal ist es die ÖVP Wien, die uns mit mit Dreiecksständern erfreut,
auf denen in dicken Lettern steht:
Stopp den Autofahrer-
Schikanen.
Schikanen.
Der Zeilenumbruch verleiht der Sache natürlich besondere Pikanterie,
aber auch so wirft die Headline etliche Fragen an den ÖVP-Spitzenkandidaten,
Herrn Juraczka, und seinen Stab auf. Die drängendste - wir sind ja in Wien – lautet:
„Seit wann samma per Du?“
Denn eigentlich müsste es ja heißen „Stoppen Sie den Autofahrer-Schikanen“, oder?
Und wer ist der Herr Schikanen. Ist er wirklich ein dermaßen schlechter Autofahrer, dass er es sich verdient hat, auf diese Weise an den Pranger gestellt zu werden?
Doch halt: Da gibt es ja einen Bindestrich. Es handelt sich offenbar nicht um einen Autofahrer namens „Schikanen“, sondern um etwas namens „Autofahrer-Schikan“, das da gestoppt werden soll.
Auch nicht? Eh nicht. Die Wurzel der Probleme liegt im „Stopp“. Wie viele Kampagnen hat es nicht schon verunstaltet, weil so schwer zu klären ist, was dieses Stopp für ein Viehzeug sei!
Denn offenbar ist es kein Imperativ, dem der Apostroph (fürs fehlende e am Schluss) abhanden gekommen ist. Imperative funktionieren nämlich nicht so. Vielmehr müsste etwa dastehen „Stopp, Autofahrer-Schikanen!“.
Aber was ist das Ding dann? Etwas Merkwürdiges, so viel steht fest. Eventuell wird „Stopp“ hier als Substantiv gebraucht, aber nicht im üblichen Sinne von „Zwischenhalt“, „Fahrtunterbrechung“, sondern als Synonym von „Einhalt“. Dazu verlockt der vom „Stopp“ anscheinend regierte Dativ – man gebietet dem Dativ (dir, den Flüchtlingen, dem Alkoholmissbrauch) Einhalt, also wird „Stopp“ wohl auch den Dativ verlangen.
„Seit wann samma per Du?“
Denn eigentlich müsste es ja heißen „Stoppen Sie den Autofahrer-Schikanen“, oder?
Und wer ist der Herr Schikanen. Ist er wirklich ein dermaßen schlechter Autofahrer, dass er es sich verdient hat, auf diese Weise an den Pranger gestellt zu werden?
Doch halt: Da gibt es ja einen Bindestrich. Es handelt sich offenbar nicht um einen Autofahrer namens „Schikanen“, sondern um etwas namens „Autofahrer-Schikan“, das da gestoppt werden soll.
Auch nicht? Eh nicht. Die Wurzel der Probleme liegt im „Stopp“. Wie viele Kampagnen hat es nicht schon verunstaltet, weil so schwer zu klären ist, was dieses Stopp für ein Viehzeug sei!
Denn offenbar ist es kein Imperativ, dem der Apostroph (fürs fehlende e am Schluss) abhanden gekommen ist. Imperative funktionieren nämlich nicht so. Vielmehr müsste etwa dastehen „Stopp, Autofahrer-Schikanen!“.
Aber was ist das Ding dann? Etwas Merkwürdiges, so viel steht fest. Eventuell wird „Stopp“ hier als Substantiv gebraucht, aber nicht im üblichen Sinne von „Zwischenhalt“, „Fahrtunterbrechung“, sondern als Synonym von „Einhalt“. Dazu verlockt der vom „Stopp“ anscheinend regierte Dativ – man gebietet dem Dativ (dir, den Flüchtlingen, dem Alkoholmissbrauch) Einhalt, also wird „Stopp“ wohl auch den Dativ verlangen.
Hier stoßen wir alsbald auf zwei Probleme. Erstens sind Einhalt und Stopp wohl bedeutungsverwandt, aber noch lange nicht synonym.
Zweitens hängt der Fall in dem
Feedbackstrom Einhalt gebieten in Wahrheit nicht vom Einhalt ab, sondern vom gebieten:
Ich gebiete dir, die
Kundenkorrekturen umzusetzen, wie fragwürdig sie auch sein mögen.
Ein Substantiv ist dieser Stopp also nicht. Vielleicht eine Interjektion? Nach heutigem Verständnis kommt das nicht in Frage, aber Johann Christian August Heyse unterscheidet in seinem Ausführlichen Lehrbuch der deutschen Sprache von den heute noch gängigen „eigentlichen“ Interjektionen die „uneigentlichen“.
Erstere, wie O!, Hurra!, Autsch! haben mit Fällen nichts am Hut. Sie bilden selbst keine und verlangen auch keine von anderen, sind überhaupt sehr genügsam und leben von einem Wurstbrot täglich wie der burgenländische Museumsaufseher bei Thomas Bernhard.
Den „uneigentlichen Interjektionen“, so Heyse, kann zwar ein bestimmter Fall anhängen, wie bei Heil oder Wohl (dir). Heyse besteht aber darauf, dass dies durch das mitzudenkende, hier nur nicht ausgesprochene sei gerechtfertigt ist – Heil sei dem verständnisvollen Kunden. Damit ist auch offensichtlich, auf die dünnem Eis sich bewegt, wer hier von Interjektionen sprechen will.
Fazit: So geht das nicht weiter. Das Stoppschild ist nicht mit dem aufgedruckten Wort identisch. Da gibt es nur eine Lösung: Schluss mit diesem Stopp, Weg damit, Kein Stopp mehr. Die Verwirrung ist an Kreuzungen und Wahlurnen so schon groß genug.
Ein Substantiv ist dieser Stopp also nicht. Vielleicht eine Interjektion? Nach heutigem Verständnis kommt das nicht in Frage, aber Johann Christian August Heyse unterscheidet in seinem Ausführlichen Lehrbuch der deutschen Sprache von den heute noch gängigen „eigentlichen“ Interjektionen die „uneigentlichen“.
Erstere, wie O!, Hurra!, Autsch! haben mit Fällen nichts am Hut. Sie bilden selbst keine und verlangen auch keine von anderen, sind überhaupt sehr genügsam und leben von einem Wurstbrot täglich wie der burgenländische Museumsaufseher bei Thomas Bernhard.
Den „uneigentlichen Interjektionen“, so Heyse, kann zwar ein bestimmter Fall anhängen, wie bei Heil oder Wohl (dir). Heyse besteht aber darauf, dass dies durch das mitzudenkende, hier nur nicht ausgesprochene sei gerechtfertigt ist – Heil sei dem verständnisvollen Kunden. Damit ist auch offensichtlich, auf die dünnem Eis sich bewegt, wer hier von Interjektionen sprechen will.
Fazit: So geht das nicht weiter. Das Stoppschild ist nicht mit dem aufgedruckten Wort identisch. Da gibt es nur eine Lösung: Schluss mit diesem Stopp, Weg damit, Kein Stopp mehr. Die Verwirrung ist an Kreuzungen und Wahlurnen so schon groß genug.
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