Freitag, 23. Oktober 2015

Wer die Wahl hatte

Jetzt ist das Agenturwochenende auch schon wieder fast zwei Wochen her. Wie ich höre, war es eine denkwürdige und überaus gelungene Veranstaltung, von der auch die allermeisten wieder dienstfähig zurückgekehrt sind, und bei den andern kann man sich ja eh denken. Leider musste euer Kolumnator als Animateur für Geburtstagsprinzessinnen glänzen. Aber nächstes Jahr bin ich hoffentlich wieder mit bei der Agentursause, da müsst ihr halt auf die Verantwortlichen einwirken, dass das entsprechend terminisiert wird.
Deshalb sind wir aber nicht hier, meine lieben Lesehäschen. Denn die Wahl ist zwar schon genau so lange her wie das Agenturwochenende, doch zieht sie längere Folgen nach sich. In diesem Zusammenhang stellen sich manche die Frage, wo die Stracheaner sind. Zwar handelt es sich nur um zwanzig Prozent, das ist dann jeder Fünfte in der U-Bahn, und wahrscheinlich derjenige, der nicht etwa Heute liest (das ist ja auch unmöglich), sondern das ÖKM, das er seinem Nachbarn aus dem Briefkasten gefladert hat, wobei der Nachbar ja total nett ist, und das ÖKM (Österreichisches Kongressmagazin, da schaltet immer unser Kunde ACV) ist ja auch nichts Schlimmes, aber halt speziell. 

Was uns wieder zu der Frage bringt, wo der Fünfte ist, der Stracheaner.

Nun denn: Wo ich herkomme, frönt man, wie jeder wissen sollte, dem Jass. Jassen ist ein Kartenspiel, das den meisten anderen Kartenspielen in fast jeder Hinsicht überlegen ist, und nicht nur anderen Kartenspielen, auch mir, und da bin ich nicht der Einzige. Kartenspiele haben ja oft den Nachteil, dass man möglichst imstande sein sollte, von den ausgespielten Karten darauf zu schließen, was die Mitspieler noch so in der Hand haben. Nicht jedem ist das gegeben, oder, wie mein Großonkel Johann tröstend zu sagen pflegte, wenn sein Partner wieder „an Soch“ (ugs: einen Schas) zusammengespielt hatte: „Mach dir nichts draus, in Afrika gibt es ganze Völkerschaften, die auch nicht jassen können!“
Gejasst wird in Vorarlberg mit einfachdeutschen Karten. Diese ähneln den gängigen Schnapskarten, doch ist der Bildinhalt jeder Karte nur einmal zu sehen, anstatt einmal so rum und einmal andersrum. Das Bild auf dem Schellen-As stellt eine borstige Sau mit Ringelschwanz dar. Die Asse werden deshalb beim Jassen nicht Asse genannt, sondern Sauen.

Weil aber ein Spiel immer auch Leben ist, haben die Sauen vom Jassen eine Vorarlberger Lebensweisheit in die Welt gebracht, die über den Kartentisch hinausweist:

„I jedem Gschpiel git as Sua, sagt man: Nicht nur beim Jassen, sondern überall gibt es Schweine, seien sie nun borstig, blöd oder dreckig. Ein Trottel findet sich immer. Trösten wir uns aber: Gejasst wird in der Regel zu viert, und der fünfte kann sich höchstens beim Getränkenachschub nützlich machen.

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