Betrüblicherweise,
meine mir so teuren Lesehäschen, ist Frau J. nun wirklich verrückt geworden.
Ich hatte wie üblich auf dem Friseurstuhl Platz genommen, als sie, die sonst
immer von Bosheit aufrecht gehalten und umgetrieben schien wie von einer
inneren Sprungfeder, gebeugt herbeischlurfte. Grüßte mit leiser Stimme, hustete
diskret. „Sind’S leicht erkältet?“ fragte ich höflich, und ward beschieden:
„Nein, ich habe ein – Problem.“ Nämlich, so verriet sie sotto voce, „mit der Mafia“. Ich, mezzoforte: „Mit der MAFIA?“.
– „Psssst!“
Danach
entrollte sie in stark ungarisch gefärbter, flüssiger Rede ein wirres Panorama,
an dem Hieronymus Bosch seine Freude gehabt hätte: Mit dem Russen habe alles angefangen. Der Russe hatte ein Geschäft drei
Häuser weiter, in dem er angeblich – angeblich! – Autoteile verhandelte. Weil
erstens: Autoteile kann man doch nicht einfach so verkaufen, die kriegt man doch
in der Werkstatt. Und zweitens: Der war
ja nie da, der Russe. Ein reines Scheingeschäft. Überhaupt, so Frau J., sei sie
die einzige Geschäftsfrau weitum, die tatsächlich arbeite, sonst nur Scheingeschäfte ausschließlich. Ursach
dessen ist natürlich die seit Jahren aufs Betrüblichste irregeleitete
österreichische Politik, die jeden kriminellen Zuwanderer mit offenen Armen
willkommen heißt, zum Schaden der leider allzu wenigen gesetzestreuen
Geschäftsfrauen und –männer. Aber weiter: Die rechtschaffene Frau J. habe den
Russen, so sie, „angezeigt“, und
jetzt ist da kein Russe mehr mit Scheingeschäft. Doch so leicht wird man so
einen nicht los. Denn „die Russenmafia“
steckt ja mit „den Zigeunern“ unter
einer Decke. Deshalb leidet Frau J. seit Monaten an Atembeschwerden. Da liegt
so ein Schleier in der Luft, bei ihr zuhause. Zuerst hat sie auf Motten getippt
„Männer“ kommen lassen, damit die „die Wohnung ausspritzen“. Die Männer
aber stecken ihr ein Licht auf: Diese kleinen schwarzen Punkterln, die da am
Boden wuseln, das seien keine Motten. Zigeuner seien darauf spezialisiert, so
etwas mit Schläuchen bei den Tür- und Fensterdichtungen einzuleiten, um
missliebige Bewohner zu vergraulen. Was die Punkterln seien?
Na Elektrosmog.
Grundsätzlich,
so klagte Frau J. mehrfach, sei alles nicht nur sehr belastend für sie, sondern
auch sehr schwierig. Weil ihr ja keiner glaubt. In Österreich is sowas nemlich ein
sehr seltener Fall. Im Ostblock ist das anders. Und mit dem durch Schläuche an
den Dichtungen vorbeigeleiteten Elektrosmog ist es ja nicht getan. Sie wies mir
klagend eine offene Stelle am Zeigefinger: Da habe sie gestern ihren
Flüssigseifenspender bedient. Jemand habe offenbar etwas Ätzendes auf den
Drücker geschmiert. Und kürzlich habe sie Weißwäsche gewaschen – alles voller
roter Flecken! Weil jemand Farbe unter ihr Waschmittel gemischt hat, um sie
psychisch fertigzumachen.
Ob
sie schon beim Arzt gewesen sei? Natürlich nicht, schließlich muss sie ihr
Geschäft erhalten und kann nicht ständig wegrennen.
Warum
diese Verbrecher überhaupt auf ihr Geschäftslokal scharf sind? Das ist es ja,
man kriegt ja keine Auskunft!
Kurz:
Es ist alles sehr schrecklich, wegen der – psst! – Russenmafia. Und
überhaupt.
Dazu,
o meine mitfühlenden Lesehäschen, vergesst bitte nicht, dass mir die Frau J.
während ihrer ganzen traurigen Tirade die Haare geschnitten hat.
Damit
bin ich bei der Kernfrage des
heutigen Tages: Kann eines von euch mir einen kundigen Coiffeur oder gerne auch
eine Coiffeuse empfehlen, die die Hoffnung aufs Reichwerden aufgegeben hat? Denn
die Frau J. lasse ich nicht mehr mit scharfen Werkzeugen in meine Nähe. Lieber
fünf Minuten feig als ein Leben lang tot.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen