Freitag, 6. November 2015

Wetten, dass?

Wie ihr, meine genussverliebten Lesehäschen, bestimmt mitbekommen habt, hat die WHO Schinken und Wurst als krebserregend eingestuft und rät daher den Konsum entsprechend einzuschränken. Das bringt uns nahtlos zu der Frage: Ob damit Kohle zu machen ist?
Konkret: Wie sicher ist eine Wette auf deinen eigenen Darmkrebs, wenn du entsprechend viel Wurstwaren einschneidest?
Die WHO stützt ihre Empfehlung auf eine Metastudie, die, so kann keine Zeitung zu berichten umhin, von „22 Experten“ erstellt wurde. Nebenbei bemerkt, ist dies ein schönes Beispiel dafür, warum „Experte“ so ein Super-Wort ist. Zum Beispiel hat jeder von uns schon mit Produkten zu tun gehabt, die Experten konstruiert hatten. Leider waren es halt manchmal keine Experten für Produktdesign, sondern für Hundeerziehung, Steuererklärung oder Bierdosen-von-unten-leertrinken-wenn-man-dort-ein-zweites-Loch-reinmacht.
So. Also Experten haben herausgefunden. Schade, dass es keine amerikanischen Experten waren. Ich will ja nicht unterstellen, dass die Schlüsse, zu denen sie in ihrer Metastudie gelangen, nicht stichhaltig seien. Obwohl es nicht die erste Metastudie wäre, die im Fazit einen Scheck ausstellt, den die Daten nicht decken.
Doch wie gesagt, darum geht es mir nicht. Vielmehr, meine hochverehrten Lesehäschen, wollen wir ja mit unserem Darmkrebs eine Wette gewinnen. Entscheidend ist daher der immer wieder zitierte Hinweis, „dass das Darmkrebsrisiko je 50 Gramm verarbeitetes Fleisch am Tag um 18 Prozent steigt“. Dies scheint mir gute Literatur zu sein, in dem Sinne, dass der Satz entschieden interessantere Fragen aufwirft als er Antworten liefert.
Nämlich erstens: Was bedeutet „am Tag“? Ist damit der große Schnitt gemeint, d.h. wenn ich von Montag bis Samstag den Wurstzölibat einhalte, aber am Sonntag mit der Kalbspariser in der Früh nicht spare, mir vorher noch gebratenen Speck reinpfeife und am Abend ein Burenheidl verzwicke, was unterm Strich auf locker 35 Deka hinausläuft, dann ist das darmkrebstechnisch gleichbedeutend mit einem Mädchenwurstsemmerl an jedem Wochentag? Oder ist hier ein Handicap einzukalkulieren? Und wenn ja, haut dann der geballte Konsum dramatischer rein, oder muss der Pegelwurstesser eher dran glauben?
Zweitens, weil wir gerade dabei waren: Ist Speck jetzt krebserregend oder nicht? Der Artikel spricht von „verarbeitetem Fleisch“ und nennt als Beispiele für Verarbeitungsmethoden Räuchern oder Pökeln, womit Speck definitiv auf der Shitlist steht. Und noch wichtiger: Vorher oder nachher? Denn wie wir Freunde des gepflegten Frühstücksspecks wissen, ist ein halbes Kilo, das man vom Spar heimträgt, kein halbes Kilo mehr, wenn es knusprig auf dem Teller liegt. Ich habe das noch nie nachgeprüft, aber ich schätze, dass von dem halben Kilo keine zwanzig Deka übrigbleiben.
Drittens, wichtigstens und verwirrendstens: Sind das Prozente oder Prozentpunkte? Wenn es Prozentpunkte sind, dann bist du aus dem Schneider: Du trägst deine Ersparnisse zu bwin, isst täglich 278 Gramm Wurst, und dann brauchst du nur noch abzuwarten. Dein Darmkrebs kommt mit 100-prozentiger Sicherheit (weil 278:50=5,56 und 18x5,56=100,08), und dann kassierst du ab. 28 Deka Wurst und Schinken pro Tag sind sicher kein Lercherl, aber machbar. Eine Käsekrainer z. B. wiegt je nach Format mindestens 100 Gramm, und eine Käsekrainer ist ja noch keine Mahlzeit.
Wenn es hingegen wirklich, wie der Satz nahelegt, Prozente sind, wird es komplizierter, weil wir dann ja in die Zinseszinsrechnung kommen. Soll heißen: Die ersten 50 Gramm erhöhen das Darmkrebsrisiko von 0 auf 18 Prozent. Die nächsten 50 Gramm bringen aber nicht 18 Prozent, sondern nur 18 Prozent von 18 Prozent, d.h. 3,24 Prozentpunkte. Die dritten 50 Gramm bringen 18 Prozent von 21,24 Prozent, und so weiter. Erst mit über 600 Gramm pro Tag kommt man in die Gewinnzone, und 600 Gramm pro Tag JEDEN TAG sind nun wirklich nur noch etwas für Spezialisten. Falls es sich also tatsächlich um Prozente handelt, ist es in der Praxis unmöglich, sich einen halbwegs gesicherten Darmkrebs herbeizuessen und so bwin in den Ruin zu treiben. 
Ich hoffe damit gedient zu haben. Im Übrigen fordere ich, dass nur Reinzeichnungen mit vollständig ausgefülltem Reinzeichnungskleber die Agentur in Richtung Fulfillment verlassen.

1 Kommentar:

  1. "Wenn es hingegen wirklich, wie der Satz nahelegt, Prozente sind, wird es komplizierter, weil wir dann ja in die Zinseszinsrechnung kommen. Soll heißen: Die ersten 50 Gramm erhöhen das Darmkrebsrisiko von 0 auf 18 Prozent."

    Naja, eigentlich von 0 auf 0 Prozent, oder?

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