Freitag, 16. September 2016

Training on the Job

Bildung ist ja allzumal unser großes Thema hier, teure Lesehäschen. Lernen wir für die Schule, oder hätten wir in der Schule was lernen sollen? Ist aus uns was geworden, weil wir was Gescheites gelernt haben, oder obwohl? Oder hätte aus uns was werden können, hätten wir nur nix Gescheites gelernt? Die Meinungen wechseln, doch ein Schlagwort der Debatte besticht durch seine Zählebigkeit: Lifelong Learning oder, wie auf den Werbemitteln (Bleistifte HB2) des Knabenkonvikts meiner verlorenen Jugend stand: Ma lernt nia us. All jene, die glauben, dies sei nur eine Worthülse, die uns von Politikern gern zugeworfen wird, wie man dem Hund einen Knochen gibt („Kauen beruhigt!“ wissen die Hundetrainer), all jene also werden gleich merken, was beim Glauben am höchsten ist. Denn uns ist ein strahlendes Beispiel erwachsen, wie man dank Lifelong Learning nicht nur etwas Gescheites, sondern etwas noch Gescheiteres werden kann. Wer ist diese Lichtgestalt? Ihr werdet überrascht sein, liebe Häschen: Dr. Josef Ostermayer, der einst auf Faymanns Rockschößen in die Spitzenpolitik geritten kam.
Der Herr Dr. Ostermayer war im April schon bei uns zu Gast. Kurz zur Erinnerung: Der Mietrechtsexperte sammelte Erfahrungen als Leiter des Wiener Wohnfonds, die ihn ministrabel machten, und zwar kulturministrabel, denn nichts qualifiziert mehr für die Kulturpolitik als eine tiefe Kenntnis des Wiener Wohnbauwesens. Wir schließen daraus, dass letzteres ein Riesentheater ist. Noch größer als das Burgtheater, dessen Direktor der Herr Dr. Ostermayer als eine seiner ersten Amtshandlungen schasste.
Nun gut, Herr Dr. Ostermayer ist mittlerweile so sehr Kulturminister, wie Faymann Bundeskanzler ist. Damit hat er freie Kapazität, die er künftig als Vorstand der Sozialbau AG füllen wird. Dies ist in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert.
Erstens erfüllt die Sozialbau eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe, da hier Sprösslinge der Wiener Sozialaristokratie sich ein Auskommen verdienen, denen dies andernorts oft schwerfallen dürfte. Vielleicht erzähle ich dazu einmal die eine oder andere Anekdote. Es fällt daher umsomehr auf, dass ein qualifizierter Mensch wie Herr Dr. Ostermayer sich hier nützlich machen darf.
Zweitens sieht das auch Hermann Gugler, Aufsichtsratsvorsitzender der Sozialbau, so: „Wir sind sehr glücklich, mit Herrn Dr. Ostermayer einen ausgewiesenen Experten in den Vorstand berufen zu können.“ Wie sympathisch spüren wir hier die Erleichterung, die Herr Gugler empfunden hat, als er erfuhr, dass der neue Vorstandskandidat einer sein würde, der tatsächlich eine Ahnung von seinem Tätigkeitsfeld hat. Entlarvender kann man das kaum formulieren – danke, Herr Gugler!
Drittens aber ist Herr Dr. Ostermayer ein derart ausgefuchster Immobilienfachmann, dass ihm neben seiner Vorstandstätigkeit noch Zeit bleibt, Vorlesungen an der Universität für Angewandte Kunst zu halten. Ab Herbst referiert Gastprofessor Dr. Ostermayer dort zu Fragen der Kulturpolitik. Damit schließt sich der Kreis: Herr Dr. Ostermayer qualifizierte sich als Wohnrechtsexperte für die Kulturpolitik, von der er zwar so viel Ahnung hatte wie ich vom Wohnrecht, die ihn aber nichtsdestoweniger für die Rückkehr in die Wohnsphäre qualifizierte, wo er sich die freie Zeit mit Vorlesungen über Kulturpolitik vertreibt, worüber er einschlägige Kenntnisse während seiner Tätigkeit als Minister erworben hat. Wie gerne würde nicht jede von uns sich daran ein Beispiel nehmen! Ich zum Beispiel fühle eine gewisse Affinität zum Dasein eines Starmoderators. Zwar habe ich diesen Beruf noch nie ausgeübt, doch das sollte geradezu eine Empfehlung sein, wenn man die Laufbahn des Exministers betrachtet. ORF, bitte kommen!

2 Kommentare:

  1. Ich könnte mir eine Karriere als Statistiker lebhaft vorstellen. Wenn nicht, dann halt Statist, aber unbedingt etwas mit Staat.

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  2. Ich könnte mir eine Karriere als Statistiker lebhaft vorstellen. Wenn nicht, dann halt Statist, aber unbedingt etwas mit Staat.

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