Heute, verehrte Lesehäschen, ist mal wieder Lieblingsthemenfreitag. Nicht etwa
„Lieblingsthemafreitag“, denn wir haben gleich zwei prachtvolle
Lieblingsthemen, voll aufgezwirbelt mit Mascherln in der Mähne und Schaum vor
dem Maul, die ungeduldig mit den Hufen scharren und aus der Startbox preschen:
Erstens die Kinderbetreuung, ach ja,
die startet los und ist aber schon um die erste Kurve verschwunden, bevor wir
so recht erkannt haben, was das jetzt war.
Viel gemächlicher trabt Lieblingsthema
Nummer 2 hinterher. Nur weiß man dabei nicht recht, was es ist: Schöne
Formulierungen im Journalismus? Oder Wissenschaft, die uns gerade noch gefehlt
hat? Es gibt nämlich, und damit kommt jetzt endlich nicht nur der Hengst über
die Startlinie, sondern auch die Katze aus dem Sack, eine Dissertation mit dem
schönen Titel „Umgang mit religiöser
Differenz in elementaren Bildungseinrichtungen. Eine ethnographische Studie an
Kindergärten in katholischer und islamischer Trägerschaft in Wien“ von Dr.
Helena Stockinger. Leider wurde sie bisher nicht veröffentlicht, sonst könnte
ich mehr dazu sagen. Abgesehen von der Frage, welche Mutter, welcher Vater ein
Kind so richtig leichten Herzens und fröhlich einer „elementaren Bildungseinrichtung“ anvertrauen würde, ist das jedenfalls
eine interessante Fragestellung, auch wenn sie nicht repräsentativ beantwortet
wird (weil nur je ein Kindergarten untersucht wurde).
Glücklicherweise (für uns) oder leider (wahrscheinlich für
Dr. Stockinger) wurde die Dissertation auch im Standard besprochen. Dabei passiert, was halt so passiert, wenn
eine umfangreiche wissenschaftliche Arbeit in einer halben Spalte abgehandelt
wird: Man fragt sich, was das eigentlich soll. Ich bin sicher, Dr. Stockinger
hat eine sorgfältige und wichtige Dissertation geschrieben. Doch was die
journalistische Radikalbehandlung übriglässt, ist eine Sammlung von
Plattheiten. Nach der Lektüre wünscht man sich nur eines: Hätte man es doch im
eigenen Beruf auch so leicht wie Dr. Stockinger scheinbar in dem ihren! Der
Artikel verkauft uns zum Beispiel dies als promotionswürdige Erkenntnis: Der Kindergartenraum in katholischer
Trägerschaft war sehr stark von christlicher Symbolik geprägt.
Ui! Da heißt es aufpassen! Sind wir wirklich so weit vom
christlichen Jihadismus entfernt, wie wir uns gern einreden, und so weiter und
so fort! Dazu fällt mir ein, dass vor einigen Monaten ein junger Mensch ein
Auto in eine Wiener Fußgängerzone gelenkt hat. Beim Aussteigen, so wurde
berichtet, habe er irgendwas mit „Allah“
gesagt, sodass er alsbald als islamistischer Attentäter agnosziert war. Mir
scheint das nicht völlig beweiskräftig, denn ehrlich: Sollte es mir einmal
unterlaufen, dass ich ein Auto in eine Fußgängerzone lenke, wie einem halt
einmal ein Blödsinn passieren kann, dann würde ich dieses ebenfalls zügig
verlassen, und ich kann nicht garantieren, dass mir dabei kein Jessasmarandjosef auskäme, jedoch ohne dass ich deshalb
gleich bereit wäre, mich für die katholische Sache zu opfern.
Übrigens berichtet Dr. Stockinger von einer muslimischen
Mutter, die verhindern wollte, dass ihr Kind im katholischen Kindergarten ein
Kreuzzeichen macht. Die katholische Pädagogin wies darauf hin, dass es ihr
freistehe, ihr Kind einer nichtreligiösen Betreuungseinrichtung anzuvertrauen. Ich
hege den Verdacht, dass ich die betreffende Pädagogin kenne. Wenn ja, dann
beweist dieser Vorfall mehr für meine Ansicht zu ihrer Intelligenz als gegen
konfessionelle „Bildungseinrichtungen“. Soviel zum Freitag.
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