Freitag, 15. Dezember 2017

Shakespeare-Verhandlungen

Ach, teure Lesehäschen, was soll ich sagen? Das Leben ist bekanntlich wie eine Schachtel Pralinen: Wenn man rechtzeitig auf der Rückseite nachschaut, weiß man genau, was man kriegt. Oder so ähnlich. Man erkennt daran, dass das Theater nicht wie das Leben ist, weil hier unverhofft oft kommt. Darin ähnelt es dem Wein. Der wunderbare Schluckspecht Kingsley Amis hatte mit diesem seine Probleme, weil man in Wein ohne Ende investieren und dann trotzdem eine korkige Plörre im Glas vorfinden kann. Bei Cocktails ist es umgekehrt: Wer genügend Zeit und Know-how aufwendet, ist eines vorzüglichen Resultats gewiss.
Was ich sagen wollte: Euer Kolumnator war wieder einmal im Theater, und es war eine sehr erfreuliche Erfahrung. Herr Haußmann hat geil abgeliefert wie ein geübter und einfühlsamer Barkeeper, und es war ein wunderbarer Abend. Allerdings auch – a propos geil – wieder ein Abend, der zusätzliche Komik daraus erzeugt hat, wie er sich auf die Perspektive des Parketts verlässt, beziehungsweise wahrscheinlich nicht verlässt, sondern damit spielt.
Denn im Sommernachtstraum gibt es eine Szene (früher wurde die ein bisschen weniger explizit gelöst, außer in jenen Sommernachtstraum-Verfilmungen, die in Videotheken nur hinterm Vorhang zu finden waren, als es noch Videotheken gab), in der Elfenkönigin Titania einen Esel, nun ja, besteigt. (Wer Clerks II noch nicht gesehen hat, dem sei, a propos des Esels, auch dieses Werk wärmstens anempfohlen.)
In Haußmanns Inszenierung findet das ganz wörtlich statt, indem der vereselte Zettel tief schlummert, während die zauberblumentolle Titania ihr Ding durchzieht (und also, den Kalauer muss einer machen, damit wir nicht alle ein Magengeschwür kriegen: auch seines). Freilich: den Inhabern der kostspieligen Plätze bleibt dieser Anblick dank dem vorgehaltenen weiten Ärmel einer Elfe erspart oder vorenthalten, das ist Geschmackssache. Im Juchhe (und gar seitlich im Juchhe) ist man dagegen mittendrin in der gewagten Action, weil ein Elfenkleiderärmel eben kein Zweimannzelt ist. Ist das Haußmanns Zugeständnis an die Sehgewohnheiten des saturierten Bürgertums? Oder macht er dem Prekariat auf den Plätzen mit sonstiger Sichteinschränkung ein kleines, semipornographisches Theatergeschenk?
Vielleicht ist es aber auch sein Kommentar zu dem Vorspiel, das dieser Tage statthat, damit Türkis und Blau sich so richtig harmonisch-blümchenmäßig vereinigen können: Wenn ein Esel verpennt, was gerade passiert ist, gibt es immer welche, die das geil finden.
Oder, noch anders: Wenn man nicht mitkriegt (übrigens nicht: „nur weil man nicht ...“), was los ist, kann man immer noch hoffen, dass jemand anderer der Gefickte ist.
Tja. Soviel zum Rauchverbot in der Gastronomie.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen