Meine lieben Socialhäschen, ich glaube, wir müssen uns was
Neues überlegen. Kann jemand ein sogenanntes gesellschaftliches Medium
empfehlen, dass diesen Namen verdient? Vor vielen Jahren, noch vor dem lahmen
Witz, dass Amazon ja einst Bücher verkauft
habe, kursierte der nicht minder lahme Witz, man sei so alt, man könne sich
noch an die Zeiten erinnern, wo Eduscho
Kaffee verkaufte. Ist eines von euch jugendlich geschmeidigen Häschen
tatsächlich schon so alt, dass es sich daran erinnern kann, wie man auf
Facebook was von Freunden und Bekannten in der Ferne mitkriegte? Und zwar, ohne
dass man dazwischen mit Werbung zugemüllt wurde, und zwar hauptsächlich mit
Werbung für überteuerte Spielzeugflugzeuge (ich weiß, wie ein Papierflieger
geht) sowie Schuhe und Socken? Danke, Facebook,
ich war eh nie der Ansicht, meine Füße seien so schön, dass ich sie ständig
zeigen müsse. Der pedale Exhibitionismus ist mir, im Gegenteil, von jeher
fremd, ich pflege meine Gehwerkzeuge also verlässlich zu verhüllen, auch ohne
dass mir ständig einschlägige Ausrüstungsgegenstände vorgeführt werden, noch
dazu welche, wo man nur die Socke zu sehen braucht, um sich den barbergefönten
Vollbart am anderen Ende nicht etwa vorstellen zu können, sondern nolens volens zu müssen. Ganz egal, wie
oft ich die Dinger sehe, gelbe Socken mit Wappen für 19,90 das Paar werde ich
mir auf ewig vorenthalten. Diese Art von Verzicht auf Luxus ist mir die
liebste: Man versagt sich unter Aufbietung aller verfügbaren Gleichgültigkeit
überteuerte Socken, fühlt sich besser und kann das Ersparte zum Beispiel für
Orangenmarmelade auf den Kopf hauen.
Nolens volens ist
übrigens Latein und bedeutet ob man will
oder nicht. Es eignet sich zum Angeben, ist aber nicht annähernd so hübsch
wie das gleichbedeutende englische willy-nilly,
das fast ein bisschen schmutzig klingt, aber auf eine nette Art, so wie wenn
deine Oma einen schlüpfrigen Witz erzählt und dann die Pointe vergisst.
Im Übrigen heißt es, dass der Hipstervollbart seine Blütezeit hinter sich habe. Das stelle ich
mir recht traurig vor, denn nach der Blüte kommt das Verblühen. So ein welker
Bart muss gewiss einen betrüblichen Anblick bieten, der freilich im
Badezimmerspiegel eures Zweckdichters nie den Geist bedrückt, mangels Bart, ob
welk oder nicht. Auf das Welken folgt der Kahlschlag. Und dann? Wird man es den
wieder den Elementen ausgesetzten Kinnen ansehen, dass sie über Monate,
bisweilen Jahre dicht verpelzt waren? Wenn man sich erstmals den Schädel
rasiert, macht die Kopfhaut ja immer einen erstaunten Eindruck. Wo kommt
plötzlich dieses viele Licht her? Ist das normal, dass mich alle sehen?
Der Teint so einer frisch freigelegten Kopfhaut erinnert ein
bisschen an die interessanten Dinge, die man findet, wenn man draußen einen Stein
umdreht. „Lichtscheu“ ist das Wort, das einem auf die Zunge hüpft. Es wird also
interessant, ob auch die seit Langem erstmals wieder enthaarten Kinne an unvermutet
dem Sonnenlicht ausgesetzte Ameisenpuppen
erinnern oder aber sich so harmonisch ins Gesamtgesichtsbild integrieren werden
wie ein Asylwerber, dem der Herr Waldhäusl (nomen
est omen) gerade nahegelegt hat, sich eine Mietwohnung für 300 Euro zu suchen.
Ich bin gespannt!
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