Wer mehr zuhause ist, o mittlerweile schon leicht
fadisierte, aber deshalb um nichts weniger sympathische Lesehäschen, der sucht sich
halt seine Zeitvertreibe. Wenn man das Bücherregal
erst einmal geordnet hat (Benchmark: Alles steht, nichts liegt), was macht man
dann?
Hier scheidet sich die Spreu vom Weizen, beziehungsweise die
unterhaltungsorientierte Grille von
der vorausschauenden Ameise: Die
Ameise weiß, dass man in naher Zukunft die Wohnung wieder mit gesteigerter
Regelmäßigkeit verlassen und sich dann umso mehr freuen wird, wenn man ins
Hübsche heimkehrt. Deshalb räumt die Ameise nicht nur das Bücherregal auf. Sie
ordnet auch den Kleiderschrank neu, baut die Einlegebretter um, malt die Küche aus,
schleift sogar Türen ab und verspachtelt sie. (Alle, die sich jetzt gerade
Ameisen vorstellen, die im Ameisenbau Türen streichen, dürfen sich ein
alkoholhaltiges Getränk nach Wahl gönnen.)
Alles, damit sie sich am Anblick des Erneuerten ergötzen
kann, wenn sie von der Nahrungssuche zurück in den Ameisenhaufen kommt.
Die Grille hingegen haut sich aufs Sofa, um
gewaltverherrlichende Videospiele zu spielen. Denn wie die Tochter eines ZEIT-Redakteurs dem erstaunten Vater
mitteilte: „Es ist entspannend, ein paar
Monster wegzublasen.“ Das kann euer Kolumnator nur unterschreiben und outet
sich damit als Angehöriger der Grillenfraktion. So weit, so wundervoll.
Schwierigkeiten sind aber nicht ausgeschlossen, weil Spielkonsolen ja an den
Fernseher angeschlossen werden, der heutzutage zwar nur in Ausnahmefällen zur
Wiedergabe des ausgestrahlten Programms, jedoch umsomehr zum Streaming benötigt
wird. Außerdem steht der Fernseher ja gern bourgeois
im Wohnzimmer herum, also in Sichtweite leicht zu beeinflussender
Minderjähriger, so im Haushalt vorhanden. Wo also der Lust am Metzeln frönen? Wohl dem, der in
solcher Lage erstens einen verständnisvollen Partner und zweitens ein
Gästezimmer hat. Gäste kommen in Coronazeiten ohnehin keine, Fernseher gibt es
auf Willhaben reichlich, und schon wird
es aus dem Gästezimmer ein Ballerstübchen.
Heißa!
Aber nicht so schnell, meine gewaltbereiten Shooterhäschen.
Auch der noch so verständnisvolle Partner kann sich nämlich, wenn es an den
Bezug obgedachten Ballerstübchens geht, ganz schnell als Grille entpuppen, wobei wir jetzt einmal außen
vor lassen, dass Grillen anders als Bienen, Käfer oder Schmetterlinge, hingegen
genauso wie Heuschrecken, Wanzen oder Schaben keine vollständige Verwandlung
durchmachen, weshalb sie weder verpuppen noch entpuppen können, Bildungsauftrag
für heute erfüllt – als Grille also, mit dieser Konsequenz: Du hast am Ort
künftiger Hekatomben einen Fernseher
von Willhaben, eine Spielkonsole samt
zugehörigem Kleinkram, eine Kommode zum Draufstellen – was fehlt noch, bevor
das Hauen und Stechen angeht? Was, bitteschön?
Antwort: die Auswahl der passenden Vorhänge. Denn auch wo
moralisch fragwürdige Unterhaltung hoffentlich bald an der Tagesordnung ist,
kann man sich nicht einfach drüber hinwegschwindeln, ob die Fischchen auf dem
Vorhangstoff zum Gästesofabezug passen. Deshalb: Erst Vorhanghäkchen vom
unpassenden Vorhang runterfrickeln. Dann Vorhanghäkchen an passenden Vorhang
dranfrickeln. Und erst danach losmetzeln.
So läuft das, wenn Ameisen und Grillen ein Leben teilen.
Schönes Wochenende!
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