Freitag, 15. Januar 2021

Sadomaso

 

Es ist, o teure Lesehäschen, wieder einmal Zeit, sich einem bestimmenden Phänomenen unserer Zeit zu kümmern: der Doofheit, für die es einen neuen Lackmustest gibt. Wir verdanken ihn dem Impfexperten Dr. Kollaritsch, der uns nahegelegt hat, es, wenn uns die Impfung gegen Corona nicht passt, doch mit der Erkrankung zu versuchen. Wenn man daraufhin ins Grübeln gerät, steht wahrscheinlich kein Nobelpreis mehr ins Haus.

Keinen Nobelpreis, keinen Oscar und auch sonst keine Auszeichnung gab es (vermutlich mit Recht) für den Film 50 Shades of Grey, den euer Ergebener sich versagt hat, weil man sich, wenn man nur alle heiligen Zeiten ins Kino kommt, ja dann nicht unbedingt den größten verfügbaren Schmarren reinpfeifen muss. Es ist mir aber zu Ohren gekommen, dass den SM-Szenen zumindest der Buchvorlage, jenes herausragenden Stücks Twilight-Fanfiction, mangelnder Realismus vorgehalten wurde, weil dabei gerne Kabelbinder zum Einsatz kommen. Diese lassen sich, wie jeder Heimwerker weiß, mit einem Seitenschneider durchknipsen, aber nicht mehr lösen, es sei dann, man hat einen Geldscheißer und zahlt für die Fancy-Pantsy-Kabelbinder mit der kleinen Lasche. Lösbarkeit aber wäre wichtig, denn wenn du deinem Dom das safe word ins Ohr hauchst, willst du ja nicht, dass er erst lange überlegen muss, wo er neulich den Seitenschneider hinverräumt hat, und schon gar nicht, dass er das Werkzeug zwar findet, dich aber vor lauter Aufregung ein bisschen zwickt, weil ja nicht jeder Schmerz geil sein muss.

Womit wir beim Thema sind, nämlich bei jenem Foto von der Erstürmung des Kapitols, das einen Maskierten im Kampfanzug mit einem Bündel großer Kabelbinder in der Hand zeigt. Seltsamerweise wurde dieser Kerl medial gern mit jenen Schießbudenfiguren in einen Topf geworfen, die Selfies vor großen Schreibtischen machten oder ihren Faschingspelz ins Zentrum der Macht äußerln führten – Tenor: „Hihi, der Verwirrte wollte die USA mit Billigzubehör aus der Elektroabteilung erobern.“

Das war, fürchte ich, ein bissi doof. Denn erstens sollten sich beim Anblick eines Maskierten im Kampfanzug von Haus aus mehr Augenbrauen besorgt nach oben bewegen als beim Anblick eines Wurzelsepps mit Asterixhelm.

Und zweitens könnte es ja sein, dass der Herr die Kabelbinder nicht einfach so spazierentrug, sondern, weil er damit etwas vorhatte. Wäre ich ein Amtsinhaber, dessen Sitz gerade von einem solchen Kabelbinderspazierentrager gestürmt wird, dann würde ich eventuell eins und eins zusammenzählen und mir die eine oder andere Sorge darüber machen, was der genaue Zweck dieser Kabelbinder war.

Womit wir wieder bei 50 Shades of Schamesröte (danke, Nina!) sind. Denn es hat seinen guten Grund, dass in SM-Beziehungen Kabelbinder keine Rolle spielen sollen, während der Herr im Kapitol sehr wohl Verwendung für die seinen zu finden hoffte. Der Grund ist einfach: Bei einem Putsch gibt es kein safe word.  Soviel zur Lächerlichkeit des fraglichen Maskierten. Schönes Wochenende!

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