Soll man es, o besonnene Lesehäschen, in diesen beschissenen Tagen eher mit Alice Schwarzer, Peter Weibel & Konsorten halten, die den Kanzler (den wirklichen Kanzler, nicht Nehammer) auffordern, keine schweren Waffen an die Ukraine zu liefern, weil es dann „so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand kommen“ könne?
Oder mit den anderen Unterzeichnern, darunter etwa Daniel Kehlmann und Robert Menasse, die hingegen der Ansicht sind, man solle sehr wohl Waffen liefern, damit Russland die Ukraine nicht einfach unterwerfe?
Als alter weißer Sack und Verehrer eines noch älteren, noch weißeren Sackes, nämlich Winston Churchills, kann sich euer Ergebener des Eindrucks nicht erwehren, dass der EMMA-Initiative etwas Chamberlaineskes anhaftet. Auch jener Premier war sicher, mit seinem Besuch in München das Richtige für den Frieden zu tun. Zwar meinte es Hitler dabei nicht ehrlich, aber auch seinerseits strebte er wenig später mit dem, was die Briten The Blitz nannten, einen raschen Waffenstillstand zwischen Deutschland und Großbritannien an, wobei der Führer großzügig bereit gewesen wäre, die britische Souveränität auf dem Altar des Friedens zu opfern. Leider zog sich der Weltkrieg stattdessen noch mehrere Jahre hin, und es bleibe dahingestellt, wie man bei EMMA darüber denkt.
Ich glaube keineswegs, die Unterzeichner täuschen sich, wenn sie meinen, ohne Waffenlieferungen werde der Waffenstillstand eher eintreten. Ich fürchte eher, sie haben damit allzu recht, weil halt die russischen Waffen irgendwann schweigen werden, wenn alles Ukrainische plattgemacht ist. En rasches Ende des Krieges zu fordern, selbst wenn es die Ukraine kostet, ist gewiss legitim, weil Tod und Leiden schrecklich sind. Ob dies aber für die Ukrainer auf einen „Kompromiss“ (so im EMMA-Brief) hinausläuft, ist wohl nicht gesichert.
Glücklicherweise gibt es auch gute Nachrichten. Wie männiglich bekannt, haben es schon etliche aus der Ukraine nach Wien geschafft, was natürlich erfreulich ist. Auch in der Schulklasse des Zweckdichterbalges gibt es nunmehr einen Flüchtling. Bei seinem Eintreffen wurde die Sitzordnung ein bisschen geändert, damit der Knabe – nennen wir ihn Oleg – neben einen bereits vorhandenen Knaben – nennen wir ihn Valentin – zu sitzen komme. Denn Valentin kann Russisch, und so hat der arme Oleg, der ja vorerst kein Deutsch spricht, ein bisserl eine Ansprache.
So weit, so gut. Mittlerweile ist bis zu eurem Zweckdichter durchgesickert, warum Valentin Russisch kann: weil er Russe ist. Hut ab vor jenem Herrn ’fesser, der sich durch kleinliches Lagerdenken nicht davon abhalten ließ, seinen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten.
Schönes Wochenende!
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