Es gibt, o brennend interessierte Lesehäschen, Neues vom Bauvorhaben. Wir lernen diese Woche, dass es eine Unschärferelation nicht nur auf Quantenebene gibt. Wir erinnern uns: Der olle Heisenberg (nicht der von Breaking Bad, der originale) hat herausgefunden, dass man von gewissen Teilchen entweder feststellen kann, wo sie sich befinden oder wie schnell sie unterwegs sind, aber nicht beides zugleich. Ähnlich steht es um die sogenannte hundertjährige Hochwasserlinie.
Nämlich hat die Wildbach- und Lawinenverbauung, besser bekannt als „die Wildbach“, kundgetan, dass alles super sei, man müsse sich nur an diese Linie halten. Wer nun fragt, wo diese zu finden ist, dem sei gesagt: woanders. Natürlich gab es in den letzten Jahren Hochwasser, und mindestens eines davon zählt als hundertjährig, und man hat ja Fotos lagernd. Aber wurden die in der richtigen Minute gemacht? Wie steht es um Parallaxenverschiebung, deep fakes und weißdergeier?
Nach kurzem Hin und Her und Rücksprache mit der Wildbach ließ sich die zweithöchste Baubehörde schließlich zu der Auskunft herbei, dass die Linie sich nicht dort befindet, wo sie auf den Bildern ersichtlich ist. Das wäre zu einfach. Vielmehr ist sie „zehn bis fünfzehn Zentimeter“ hangaufwärts zu verorten. Welche segensreichen Auswirkungen diese zehn bis fünfzehn Zentimeter zeitigen werden, nämlich im Falle, dass wieder einmal ein hundertjähriges Hochwasser eintritt, bleibe dahingestellt, auch angesichts der Tatsache, dass diese ein bis zwei Handbreit im konkreten Fall ein Volumen von weniger als hundert Litern ausmachen, was bei einem Jahrhundertregenereignis vermutlich nicht die Wurst vom Teller zieht.
Von Bedeutung ist die Verschiebung aber auf jeden Fall für den Planzeichner, der zum ixundzwanzigsten Mal einen neuen Plan zu zeichnen hat, was er, so steht zu fürchten, gerne tun wird, aber nicht um Gottes Lohn. Dabei dürfen wir uns ruhig in Erinnerung rufen, dass ein Einreichplan üblicherweise im Maßstab 1:100 angefertigt wird, sodass zehn echte Zentimeter einem Planmillimeter entsprechen.
Wir können jedenfalls festhalten, dass das Hauptziel des Bauvorhabens schon jetzt erreicht wurde. Dient doch ein solches in in erster Linie der Vergewisserung, worin die Untertanen- ach was, die Staatsbürgerlichkeit besteht. Nämlich darin, dass dir jemand, der mit ziemlicher Sicherheit schlechter in Mathe ist als du, aufoktroyiert, dass du einem Dritten zwecks Darstellung eines kaum erkennbaren Unterschieds Geld nachwirfst, um einen Sicherheitsvorteil zu erzielen, der, in Zahlen ausgedrückt, vermutlich nicht so erheblich ist wie die Frage, ob du beim Radfahren einen Helm trägst, sondern wie jene, ob du dir den Helm mit der linken oder rechten Hand zuschnallst. Schönes Wochenende!
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