Freitag, 5. Mai 2023

Experimentierfreude

 

Es ist, o vielseitig versierte Lesehäschen, schon eine Weile her, da waren sogenannte Lifehacks voll der heiße Scheiß. Wie alles im Leben und besonders im Internet schoss auch dieser Trend unausweichlich ins Kraut. An dem Tag, da jemand, der sich tatsächlich dafür Zeit genommen hatte, das (mit Bild!) online zu stellen, eurem Ergebenen die Neuigkeit auftischte, das Kreuzschlitzschrauben sich mit einem Kreuzschlitzschraubenzieher leichter lösen lassen, beschloss jener, es mit dem Lifehackkonsum auch wieder gutsein zu lassen. Zumal der selbsternannte (in diesem Fall ist das Adjektiv ausnahmsweise angebracht) Lifehacker sich offenbar noch nicht zu der Erkenntnis durchgehackt hatte, dass es zweierlei Kreuzschlitzschrauben gibt, nämlich Philips und Pozidriv, und dass Schrauben der einen Sorte schneller verwürgt sind, als du „zu faul zum Suchen“ sagen kannst, wenn du mit einem Schraubenzieher der anderen drangehst.

Dies lässt den Zweckdichter auch an der Verheißung zweifeln, dass die KI uns bald bei häuslichen Reparaturen unterstützen, nämlich uns qualifiziert dabei anleiten werde, diese selber durchzuführen. Schön wär's, weil wir ja naher Zukunft zuhause sitzen und auf den letzten verbliebenen Installateur warten werden, der seinen fast 70-jährigen Körper durch die Gegend schleppt, um unseren Wärmetauscher zu fraktulieren oder sowas. Doch für Heimwerker auf jeglichem Niveau gilt: Für das Werkzeug, das man zuhause hat, genügt im Zweifelsfall YouTube. Wenn unter deiner Abwasch nichts schlummert als ein Hammer und einer von diesen Schraubenziehern, bei denen man das Metallteil so oder so rum in den Griff stecken kann, hat das wahrscheinlich einen Grund.

Wenn du Nussensatz, Akkuschrauber, Schlagbohrmaschine, Multitool undsoweiter dein eigen nennst, heißt das noch nicht, dass du mit einem Kompressionsdruckschreiber etwas anzufangen wüsstest.

Hat man also das Werkzeug nicht zuhause, kann einen die KI so sensibel anleiten, wie sie will, da wird nichts herausschauen, solange sie keinen mit dem fehlenden Zeug vorbeischickt. Der könnte das Gräuwel dann aber auch gleich flicken, wo er schon da ist, oder?

Nun aber zum heutigen Bildungs- und endlich auch Lifehackthema, nämlich, was sonst, Saufen.

Beim Essen hat sich ja schon herumgesprochen, dass man, wenn man sich Auswärtsessen schon antut, am besten etwas bestellt, was man sich nicht selber kocht.

Dieses, o genussverliebte Lesehäschen, gilt auch für Cocktails: Wenn du die Zutaten eh daheim hast, blättere weiter. Findest du dann eine geheimnisvolle Komposition aus Thymian und Stierhodenextrakt oder mazerierten Passionsblumen an Bourbon, dann greife zu. Enthält das Mixgetränk hingegen ausschließlich Zutaten, die jeder Billa Plus hat, dann gib dir lieber auf deinem eigenen Sofa damit die Kante. Ist billiger und weniger gefährlich. Gern geschehen, schönes Wochenende!


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