Freitag, 19. Mai 2023

KD

Oft, o sprachgewandte Lesehäschen, spricht man ja davon, wie die Zeit so ist, die man gerade durchlebt – dass sie friedlich ist oder schnelllebig, besinnlich oder – hoffentlich nicht – interessant.

Eurem Ergebenen aber scheint, dass das an der Sache vorbeigeht. Weil die Zeit nämlich immer mehrere Dinge ist. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass einerseits alle besorgt sind, ob ihren Job nicht bald die KI übernimmt, weil die digitale Intelligenz sich in schwindelerregendem Tempo weiterentwickelt, wobei vor allem eines immer deutlicher wird: dass wir immer noch eine sehr undeutliche Vorstellung davon haben, was Intelligenz eigentlich sei.

Andererseits persistiert die künstliche Doofheit mit einer Hartnäckigkeit, die angesichts der Fortschritte von ChatGPT (kann zwar noch nicht Matura, aber immerhin Hausaufgaben) tief enttäuscht.

Denn die größte Gefahr droht uns nicht etwa von der Teuerung, vom Krieg oder von der Klimakrise. Sie alle kennen Alternativen: Man kann Kartoffeln anbauen, desertieren oder sich ganz schlicht für den Klimaschutz engagieren.

Die größte Gefahr ist offensichtlich die unsichere Website.

Wenn man einen webfähigen DVD-Player einer namhaften Marke sein Eigen nennt und diesen verwenden will, um via Internet einen Film zu streamen, den die zu Unrecht namhaften Plattformen nicht bieten, was einen darüber grübeln lässt, warum man eigentlich für ein digitales Angebot zahlt, das gegen das DVD-Regal in einer mittleren Filiale der Wiener Städtischen Büchereien aber sowas von abstinkt – dann läuft das so:

Frisch ans Werk, DVD-Player eingeschaltet, Bootsequenz auf dem Niveau eines 386er-Rechners mit Windows 3.11 abgewartet, Browser gestartet, einschlägige Seite angesurft. Euer Ergebener nutzt davon zwei Stück. Die eine hat einen „Weiter“-Button vorgeschaltet, der klickbar ist, sogar im Elendsbrowser meines Android-Beamers. Nicht aber im Panasonic-Browser.

Die andere lässt sich nicht öffnen, denn es handle sich, so der Browser, um eine „unsichere Website“.

No shit, Sherlock.

Das war es dann auch schon. Die „unsichere Website“ ist derart gefährlich, dass es die Entwickler für klüger gehalten haben, dir auf deinem eigenen Gerät in deinem eigenen Wohnzimmer die Möglichkeit zu ihrem Besuch zu versagen. Es könnte sonst werweißwas passieren.

Das findet euer Ergebener zutiefst unbefriedigend: einerseits davor zittern (oder darauf hoffen? Gibt es auch positive Szenarien?) zu müssen, dass die KI den eigenen Job übernimmt, und sich andererseits die Zeit bis dahin nicht einmal mit Bingewatching vertreiben zu können, weil die Urururururururururoma der KI sagt: „Bub, da musst du aufpassen.“ Man sitzt derzeit äratechnisch zwischen den Stühlen. Dann doch lieber gleich Singularität. Schönes Wochenende!


 

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