Euer Ergebener ist hiermit raus, o teure Lesehäschen. Man konnte nur zu gut nachvollziehen, warum Putin die Ukraine überfiel oder warum die Rechte regelmäßig gegen Klimaschutzmaßnahmen zu Felde zieht. Die Gründe sind nicht erfreulich oder menschlich oder in einem größeren Zusammenhang vernünftig. Aber wenn man ein partiell durchgeknallter Autokrat oder ein postengeiler Wappler auf Stimmenfang wäre, würde man eventuell ähnlich verfahren.
Doch was in die Hamas gefahren ist, bleibt mir komplett rätselhaft. Die israelische Armee (normalerweise der Verein, bei dem Chuck Norris hin und wieder einen Kurs in Kein-Weichei-Sein belegt) und der Mossad (normalerweise der Verein, von dem die NSA sich erklären lässt, wie man Sachen herausfindet, die jemand geheimhalten will) mögen nicht auf der Höhe gewesen sein, sodass sich die Möglichkeit bot, Israel zu überfallen. Aber Leute: Das wird es nicht gewesen sein. Da kommen jetzt viele Soldaten mit vielen hochmodernen Waffen, und es werden Menschen, die man für das Volk der Hamas hielt, sehr schlimme Dinge widerfahren. Kann man als Organisation wirklich an einen Punkt gelangen, wo einem das einfach egal ist?
Anscheinend schon, und so nimmt die Tragödie ihren Lauf. Dass das österreichische Bundesheer sofort die Farce dazu liefert, indem man darauf besteht, die Österreicher nicht mit einem ganz normalen Linienflugzeug aus Israel zu bringen, wie das die Deutschen tun, sondern mit einer über 50 Jahre alten Bundesheermaschine, die dann nicht einsatzbereit ist – also, wenn ich Netanyahu wäre, hätte ich den österreichischen Botschafter einbestellt und ihm in aller Freundschaft gesagt, dass die Österreicher bitte den Blödsinn lassen sollen, wir haben alle Sinn für Humor, aber die Situation ist ernst und es ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für derartigen Klamauk. Es fehlte nur noch Heinz Prüller seligen Angedenkens, der das Debakel zweifellos mit einem markigen Satz à la Es kann sich nur um einen technischen Defekt handeln kommentiert hätte, wie er das auch zu tun pflegte, wenn aus einem Formel-1-Auto Rauch aufzusteigen begann, wobei er vielleicht noch an die unvergessliche Szene erinnert hätte, als 1975 in München ein Flugzeug starten wollte und daraus auch nichts wurde.
Merke: Wenn irgendwo etwas Schlimmes passiert, sollte man möglichst nichts tun, wozu im Kopf der Zuschauer als Soundtrack Yakety Sax zu spielen beginnt.
Aber Netanyahu hat halt auch was anderes zu tun: Verschleiern, was er alles verbockt hat, nicht in den Knast kommen, was einen heutzutage als Politiker auf der Höhe des Zeitgeistes halt so beschäftigt. Hat eigentlich noch irgendwer den Überblick, wie es um die diversen Verfahren gegen frühere Mitglieder unserer hochverehrten Bundesregierung steht? Bleibt Karl Heinz auf freiem Fuß? Hat Sebastian Grund zur Nervosität? Es lässt schon auf den Zustand einer Demokratie schließen, wenn einem so etwas in Wahrheit wurscht ist. Naja. Schönes Wochenende.