Freitag, 9. Februar 2024

Na klasse

 

Wie war das noch, o lennonfeste Lesehäschen? Bagism, shagism, dragism, madism, ragism, tagism, this-ism, that-ism, ism-ism, ism-ism. Hauptsache, dem Frieden eine Chance. Leider sind die -ismen nicht weniger geworden. Wir kennen Sexismus, Ageismus, Speziesismus und so weiter. Gestern ist eurem Ergebenen gleich zweimal der Klassismus untergekommen. Da kam er ins Stutzen, der Ergebene. Denn bei Sexismus wird man diskriminiert, weil man das falsche Geschlecht hat, bei Rassismus wegen der falschen Rasse und so weiter.

Bei Klassismus kriegt man also wegen der falschen Klasse sein Fett ab.

Die Frage dazu ist natürlich: Na und?

Schließlich sind gesellschaftliche Klassen ja nur die Kurzformel dafür, dass die einen sich besser fühlen dürfen, weil sie wenigstens nicht die anderen sind. Dafür sind Klassen sozusagen da. Gäbe es keinen Distinktionsgewinn auf Kosten einer anderen Gruppe, könnte man sich das mit den Gruppen ja gleich schenken. Während man mit Geschlechtern sehr wohl anders als sexistisch umgehen kann, sind Klassen daher leider immer schon klassistisch. Das Wort „Klassismus“ ist ein bisschen so, als würde man dem Bundesheer Rangismus vorwerfen, weil der Korporal nicht zurückmotzen darf, wenn ihm der Oberst was anschafft.

Was es auch gibt, ist der sogenannte beauty bias, also, dass schöne Menschen es leichter haben. Warum es nicht stattdessen Schiachismus heißt, weiß man nicht so recht, wäre irgendwie einleuchtender.

Den beauty bias haben wir so weit verinnerlicht, dass wir eher geneigt sind, schönen Menschen einen Beruf mit hohem Sozialprestige (oder aber trophy wife) zuzuschreiben. Das führt bisweilen zum, wie es im Englischen heißt, double take. Man schaut zweimal hin, wenn man auf einen Anblick nicht gefasst war. So ein double take mit beauty bias ist bisweilen melancholisch (also, wie Walter Moers einmal geschrieben hat, „scheen traurig“). Man merkt dann, dass es im wirklichen Leben weniger erfreulich zugeht, als es sein könnte. Nämlich hatte der Zweckdichter etwas auf der Post zu tun und war damit nicht der Einzige. Zur selben Zeit war eine Monteurin damit beschäftigt, die automatische Schiebetür besagter Postfiliale zu reparieren. Sie gab Anlass zum double take, denn sie war auffallend schön, ungefähr auf die Art, wie einst Lauren Bacall schön war. Das ist einerseits erfreulich, denn ein Morgen in der Post ist ein besserer Morgen, wenn man dort eines schönen Menschen ansichtig wird. Andererseits ist es aber betrüblich, denn warum der double take? Weil man eben im wirklichen Leben mit so etwas nicht rechnet. In Filmen ist es ganz normal, dass FBI-Agenten aussehen wie Kyle MacLachlan oder Hippietanten wie Margaret Qualley. Im wirklichen Leben sind Schiebetürexpertinnen, die aussehen wie die Schwester von Lauren Bacall, selten. Die gute Nachricht ist, dass sich das ändern wird, und zwar dank des grassierenden Fachkräftemangels. In wenigen Jahren wird der Distinktionsgewinn, der mit einer Berufswahl wie Installateur oder Spengler einhergeht, so hoch sein, dass die Schönen in diese Tätigkeitsfelder strömen werden wie Motten ins Licht. Dann endlich wird jeder Coke-Light-Mann endlich so aussehen wie der Coke-Light-Mann. Schönes Wochenende!

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