Wir haben es hieramts schon mehrfach erwähnt: Manchmal kann alles so einfach sein. So haben sich über das Problem der Objektivität die klügsten Köpfe von Descartes über Kant bis zur Frankfurter Schule und noch weiter den Kopf zerbrochen. Wenn ich etwas so und so wahrnehme und verstehe, wer garantiert dann, dass du es ebenso wahrnimmst und verstehst – und zwar noch lange, ehe wir uns darüber Gedanken gemacht haben, wer „ich“ bin, wer „du“ bist und ob überhaupt einer von uns existiert?
Die Mathematiker sind diesbezüglich natürlich aus dem Schneider, und auch die Naturwissenschaftler müssen sich nur bedingt Sorgen machen. Solange sie ihre Experimente ordentlich machen, sich nicht in die DNA-Probe schneuzen und in Statistik aufgepasst haben, kommt schon was halbwegs Nachvollziehbares heraus. Oder eben nicht, dann weiß man, dass das objektiv ein Schmarrn ist.
Was aber soll man machen, wenn man sich über Moral Gedanken macht, über Kunst, Politik, Literatur und ähnlichen Schmonzes?
Bisweilen wird hier empfohlen, sich der vielfachen Bedingtheit seiner eigenen Wahrnehmung bewusst zu werden, zu reflektieren, sich über andere Sichtweisen zu informieren, Kritiker zu Wort kommen zu lassen und so fort.
Leider ist das alles sehr mühsam, deshalb ist es umso erfreulicher, dass man es sich stattdessen gröbi machen kann, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Zu verdanken haben wir diese Information wieder einmal dem Zweckdichterbalg, das bekanntlich in Kürze seine vorwissenschaftliche Arbeit abgeben muss. Warum das nötig ist, steht auf einem anderen Blatt. Ich bescheide mich mit der Bemerkung, dass die Lehrperson, die den Kurs „Einführung in die Praxis wissenschaftlichen Arbeitens“ gehalten hat, sich als Vorbereitung offenbar die vage Erinnerung an ihr eigenes Proseminar zu diesem Thema genügen hat lassen, hach, was waren wir damals jung! Und die Note auf ein Proseminar interessiert ja eh keinen mehr, wenn man erst einmal seinen Abschluss hat.
Stimmt.
Wie auch immer: Weil „vorwissenschaftlich“ nicht etwa, wie man glauben könnte, „so wie vor der Erfindung der Wissenschaftlichkeit“ meint, sondern eher „wissenschaftsähnlich, aber halt noch nicht so ganz“, deshalb also soll die Arbeit natürlich objektiv sein. Wie macht man das also, wenn man sich die Mühen der Reflexion ersparen will? Aufgepasst, hier kommt endlich der Shortcut zur Objektivität, direkt aus den FAQ des Linzer Khevenhüller-Gymnasiums zur VWA:
Darf in einer Einleitung „ich“ bzw. „mein“ verwendet werden?
Nein, die Einleitung ist bereits Teil der wissenschaftlichen Arbeit und somit objektiv zu schreiben.
Ja, dann!
Schönes Wochenende!
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