Freitag, 16. Mai 2014

Korrekturen


Nicht selten sieht sich euer Kolumnator einerseits mit der Frage konfrontiert, ob "das so richtig" sei. Andererseits habe ich läuten hören, dass Kunden anderer Teams gelegentlich den Wunsch nach "Korrekturen" äußerten, die dann, so die Gerüchte weiter, vom Team durchgeführt würden, ja sogar durchgeführt werden müssten.

Bei uns passiert das ja nie. Nicht, weil wir besser wären. Sondern, weil unsere Kunden so extrem pflegeleicht sind. Denen kann man ein Fragezeichen als Call to Action verkaufen, und sie bedanken sich noch für den Input.

Doch wie gesagt: Leider höre ich, dass das nicht überall so ist. Dies führt stante pede zu der Frage, was denn eine Korrektur eigentlich sei. 

Duden bietet die Bedeutung "Änderung" bzw. "Veränderung", und dagegen ist nichts einzuwenden: Wenn sich Korrekturen in den Jobordner schlängeln, wird bald etwas anders sein, als es bisher war. Doch die Änderung kommt im Duden erst an zweiter Stelle, und dies mit gutem Grund: Wer noch ein paar Bröserln Latein aus dem letzten Jahrhundert herübergerettet hat, der erkennt ohne Weiteres in der "Korrektur" die Wurzel "recte", was natürlich "richtig" heißt. Das ist auch die Erstbedeutung zur Rechten: "Verbesserung", "Berichtigung".

Die Korrektur, so die Nettobotschaft, stellt mithin richtig, was zuvor unrichtig war. Das bedeutet: Wenn uns via Beratung der Wunsch erreicht, das Logo möge zwei Strich nach links und eineinhalb nach unten rutschen und außerdem zehn Prozent vergrößert werden – dann ist dies nicht nur eine Frage des Geschmacks, sondern der sachgerechten (nämlich korrekten!) Anschauung.  Wenn ein alter Satz lautete: "Entdecken Sie zahlreiche attraktive Angebote" und nun neu lauten soll: "Viele verlockende Angebote warten auf Sie" – dann wurde nicht umgeschrieben, sondern die Welt ein Stückchen besser, weil richtiger gemacht. Wäre dem nicht so, dann könnte nicht von einer Korrektur die Rede sein. Eine Korrektur, die nichts besser macht, ist keine und hat also gar nicht stattgefunden. Eine Korrektur, die für die Qualität unerheblich oder gar schädlich ist, wäre ein schwarzes Loch der Kommunikation, das sofort bedrohlich zu wachsen begänne und uns alle zu verschlingen drohte.

Bevor jetzt wer fragt: Natürlich gilt das auch, wenn die CI ein rotes Logo auf Weiß vorsieht und der Kunde gern einen türkisen Verlauf darüber haben will. Es gilt ebenso, wenn "Sie haben viel geleistet und verdienen eine Belohnung" sich verwandeln soll in "Viel geleistet – Belohnung für Sie". Durch all diese Kleinigkeiten gewinnt Kommunikation an Qualität. Denn jede Korrektur ist immer auch eine Verbesserung, allein schon deshalb, weil ein geplagter Mensch sich hingesetzt hat, um sie abzusondern. In Ihr steckt ein Stück vom Nebenmenschen. Das sollten wir honorieren und die Anstrengung würdigen. Bitte dies zu leben.

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