Die Zeit bleibt nicht
stehen, selbst Vizekanzler hauen den Hut drauf. So weit ist euer ergebener
Kolumnator noch nicht, wirft der gewesene Finanzminister doch mit seiner
Abschiedsrede eine interessante Frage auf.
Herr Spindelegger hat uns zum Abschied versichert, die Wahrheit sei zumutbar. Einerseits ist es natürlich schön und im Sinne des Bildungsauftrages löblich, wenn ein Gerade-noch-nicht-Ex-Politiker ein Beinahe-Bachmann-Zitat bringt. (Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn er seine Quelle genannt hätte.)
Andererseits kommen wir nicht um die Frage herum: ob der gewesene Vizekanzler sich damit nur ins Gefolge der Dichterin gestellt hat, oder auch in das eines anderen Schwarzen, nämlich Andreas Khols, der einst erklärt hat, die Wahrheit sei eine Tochter der Zeit. Wie wir wissen, hat auch er damit zitiert, nämlich den römischen Schriftsteller Gellius, und diesem gleichzeitig das Wort im Mund verdreht. Denn Khol verteidigte mit dem Zitat, dass die ÖVP als Wahldritte in die Koalition anstatt, wie versprochen, in die Opposition ging. Gellius hatte dagegen eher gemeint, dass es manchmal Zeit braucht, bis die Wahrheit ans Licht kommt. (Wobei das auch schon wieder ungenau ist, denn Gellius selbst zitiert schon ohne Quellenangabe: "Alius quidam veterum poetarum, cuius nomen mihi nunc memoriae non est, veritatem temporis filiam esse dixit", also: "Ein anderer alter Dichter, an dessen Namen ich mich gerade nicht erinnern kann, hat gesagt, die Wahrheit sei eine Tochter der Zeit".)
Deshalb: Wie ist das nun mit der ÖVP und der Wahrheit? Ist sie immer gleich zumutbar?
Herr Spindelegger hat uns zum Abschied versichert, die Wahrheit sei zumutbar. Einerseits ist es natürlich schön und im Sinne des Bildungsauftrages löblich, wenn ein Gerade-noch-nicht-Ex-Politiker ein Beinahe-Bachmann-Zitat bringt. (Noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn er seine Quelle genannt hätte.)
Andererseits kommen wir nicht um die Frage herum: ob der gewesene Vizekanzler sich damit nur ins Gefolge der Dichterin gestellt hat, oder auch in das eines anderen Schwarzen, nämlich Andreas Khols, der einst erklärt hat, die Wahrheit sei eine Tochter der Zeit. Wie wir wissen, hat auch er damit zitiert, nämlich den römischen Schriftsteller Gellius, und diesem gleichzeitig das Wort im Mund verdreht. Denn Khol verteidigte mit dem Zitat, dass die ÖVP als Wahldritte in die Koalition anstatt, wie versprochen, in die Opposition ging. Gellius hatte dagegen eher gemeint, dass es manchmal Zeit braucht, bis die Wahrheit ans Licht kommt. (Wobei das auch schon wieder ungenau ist, denn Gellius selbst zitiert schon ohne Quellenangabe: "Alius quidam veterum poetarum, cuius nomen mihi nunc memoriae non est, veritatem temporis filiam esse dixit", also: "Ein anderer alter Dichter, an dessen Namen ich mich gerade nicht erinnern kann, hat gesagt, die Wahrheit sei eine Tochter der Zeit".)
Deshalb: Wie ist das nun mit der ÖVP und der Wahrheit? Ist sie immer gleich zumutbar?
Und wenn, ist es dann
immer dieselbe Wahrheit, die man uns zumuten darf? Doch mit solchen Fragen
dürfen wir uns nicht aufhalten. Denn
zweifellos hat Spindi ja recht: Die Wahrheit ist wahrlich zumutbar.
Wenn es aber eine Wahrheit ist, dass man uns die Wahrheit zumuten kann, ist dann auch diese Wahrheit ihrerseits zeitabhängig im Sinne Khols? Da erschallt ein lautes "Ja" aus den christdemokratischen Reihen: Vor der Wahl 1999 war uns die Wahrheit eben nicht zumutbar, dass sich die ÖVP mit der FPÖ auf ein Packl hauen würde, sondern erst danach.
So zeigt sich wieder, dass man die Quellenlage sorgfältig prüfen muss, damit uns zulässige Schlussfolgerungen reifen. Wir mussten uns klarmachen, dass die spindeleggersche Ehrlichkeit erst durch das Erklimmen der kholschen Schultern möglich wurde, um seine Tragweite zu erfassen. Khol seinerseits ist offenbar der Größere der beiden, und wir sollten ihm als politischer Lichtgestalt nachweinen. Denn er hat schon vor 15 Jahren vorausgeahnt, dass Spindi einst Bachmann zitieren und sein, Khols, Taktieren damit philosophisch adeln würde. Ganz schön tricky, Micky!
Nächste Woche: Prostitution.
Wenn es aber eine Wahrheit ist, dass man uns die Wahrheit zumuten kann, ist dann auch diese Wahrheit ihrerseits zeitabhängig im Sinne Khols? Da erschallt ein lautes "Ja" aus den christdemokratischen Reihen: Vor der Wahl 1999 war uns die Wahrheit eben nicht zumutbar, dass sich die ÖVP mit der FPÖ auf ein Packl hauen würde, sondern erst danach.
So zeigt sich wieder, dass man die Quellenlage sorgfältig prüfen muss, damit uns zulässige Schlussfolgerungen reifen. Wir mussten uns klarmachen, dass die spindeleggersche Ehrlichkeit erst durch das Erklimmen der kholschen Schultern möglich wurde, um seine Tragweite zu erfassen. Khol seinerseits ist offenbar der Größere der beiden, und wir sollten ihm als politischer Lichtgestalt nachweinen. Denn er hat schon vor 15 Jahren vorausgeahnt, dass Spindi einst Bachmann zitieren und sein, Khols, Taktieren damit philosophisch adeln würde. Ganz schön tricky, Micky!
Nächste Woche: Prostitution.