Freitag, 8. August 2014

Seien wir ehrlich


Kürzlich fühlte ich mich an eine Anekdote erinnert, die Ernest Hemingway berichtet. Einst, so der Großmeister der Schluckspechte, wurde ein berühmter Stierkämpfer gefragt, wie er trainiere, um ausreichend Kraft für seine Kämpfe aufzubauen. "Was soll mir Kraft", antwortete der Zwetschkenkrampus von Matador, "der Stier wiegt eine halbe Tonne. Lass den Stier die Kraft haben."

In mir verstärkt sich in den letzten Monaten der Eindruck, dass wir uns daran ein Beispiel nehmen könnten: Der Kunde hat Product Manager, Brand Manager, Key Accounter und weiß der Geier wen noch allen, die zusammen locker die Masse eines Kampfstiers in die Arena werfen können. (Weil wir beim Stier sind, und weil sie sich auf "Geier" reimen: Hat die schon mal jemand verkostet? Sollen angeblich gut schmecken.)

Lassen wir doch ab und zu den Kunden die Kraft haben. Nicht nur, wenn es um Geschmacksentscheidungen geht. Die fallen ja erst in dritter Linie uns zu, weil wir in erster und zweiter Linie auf Basis unserer hart erworbenen Kompetenz entscheiden.

Sondern vor allem, wenn es um sachliche Inputs aus der Domäne des Kunden geht. Unsere Kunden wissen weit mehr als wir über Online-Gambling, Direktbanken oder Porenbeton. Wenn irgendwo zu einem solchen Thema Content fehlt, sollen wir dann Content erfinden, damit das Layout schön befüllt ist?

Oder sollen wir es uns gröbi machen, mit einem magenta eingefärbten Kasten und der Inschrift "PLATZHALTER"?

Ich sag’s ehrlich: Ich bin für gröbi. Denn einem Platzhalter sieht man sofort an, dass hier etwas nachzuliefern und zu tun ist. Ein hübsches Layout verdeckt nur den Mangel. So schlimm steht es hoffentlich noch nicht. Zeigen wir doch klar, dass hier die Kompetenz des Kunden gefragt ist. Dann bleibt auch weniger Zeit für das Gegenteil, also Layouten und Texten. Das können wir nämlich besser.

Im Übrigen verlange ich, dass nur Jobs mit vollständig ausgefülltem Reinzeichnungskleber die Agentur in Richtung Fulfillment verlassen. Venceremos!

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