Man fragt sich manchmal, warum die sogenannten Besonnenen,
Linken, Wählbaren den Rechten argumentativ nicht gewachsen sind. Woran liegt
es, dass nach drei Viertel der Diskussionen der Blaue drei Bier bestellt,
zwecks Siegesfeier?
Glücklicherweise war vor einem Weilchen Halloween, mithin Gelegenheit, Menschen in Filmklassikern dabei
zuzuschauen, wie sie ins Verderben laufen.
Wir
sollten uns aufteilen, um das Gemäuer zu erkunden.
Ich
geh mal in diese dunkle Höhle und bin gleich wieder da.
Ich
drehe mich sicher nicht um, obwohl in der letzten Dreiviertelstunde schon drei
von meinen besten Kumpels von hinten gemeuchelt worden sind.
So läuft das, und es hält den Horror auf Schiene.
Dabei ist mir klargeworden: Wir sind doof. Genauso doof wie die baldigen Opfer in den
Slasher-Klassikern. Die Linken servieren den Rechten die Argumente gegen sich
selbst auf dem Silbertablett. Ob man jetzt den dummgeilen Jugendlichen in Freitag der 13. zuschaut oder vdB im Clinch mit Nobsi: In beiden Fällen kommt unausweichlich der Augenblick, wo man
als Betrachter ausruft „tu’s nicht“,
worauf die Angesprochenen prompt ihr Ding durchziehen und sich bald darauf
fragen, wie sie in diese Bredouille (dieses Verlies, diesen Sarg) geraten sind.
Ganz einfach: selber schuld. Nehmen wir Brigitte Bailer-Galanda, eine Koryphäe der österreichischen
Zeitgeschichtsforschung. Sie schrieb kürzlich über das Handbuch freiheitlicher Politik, das die FPÖ für ihre Funktionäre auflegt,
dieses enthalte Aussagen, „wie sie sonst
nur in rechtsextremen Publikationen zu lesen sind“.
Damit hat sie ganz sicher recht. Aber die Beispiele hätten
sich sorgfältiger wählen lassen. Dass etwa „Betreuung
in familiärer Geborgenheit ... staatlichen Einrichtungen wie Kinderkrippen
vorzuziehen“ sei, soll ein rechtsextremer Standpunkt sein? Frau
Bailer-Galanda schreibt es, allein in ihrem Arbeitszimmer, und fast geräuschlos
öffnet eine schwarzbehandschuhte Hand die Eingangstür. Frau Bailer sieht auf.
Ein kleines Knacken? Ach, das war nur die Katze. Und sie schreibt weiter:
Die deutsche Sprache stelle einen „Hort der geistigen Überlieferung“ dar, zitiert sie aus dem
Handbuch, um dem blauen Wolf das Schaffell herunterzureißen. Wie bitte? An
diesem Punkt besteht in der jeweils gültigen Handlungslogik kein Unterschied
mehr zwischen der verdienten
Historikerin, die Argumente gegen die FPÖ in Stellung bringen will, und
einer achtzehnjährigen Filmblondine,
die, mit nichts bekleidet als dem Button-down-Hemd ihres Haberers, „nur schnell Bier holen geht“. Beiden
wird auf ihrer Mission kein Glück beschieden sein. Denn die Film-Tante mag
jung, schnell, behende sein – wurscht, sie hatte vorehelichen GV und ist
deshalb designiertes Opfer. Frau Bailer-Galanda ist eine hochkompetente Expertin
für Rechtsextremismus, doch das spielt keine Rolle mehr. Wir würden Winston
Churchill ohne weiteres die Ansage zutrauen, dass „die englische Sprache ein Hort der geistigen Überlieferung“ sei. Weil
es aber in einem FPÖ-Handbuch steht, kann die Expertin der Versuchung nicht widerstehen,
die Kotspur von den Nazis zu diesem Satz nachzuverfolgen. Sie existiert
zweifellos. Um aber damit zu punkten, müsste man auch einen inhärenten
Nationalsozialismus der deutschen Sprache nachweisen. Das geht natürlich nicht,
und so sind auch Bailer-Galandas übrige, bessere Argumente desavouiert. Ihr
Hinweis ist im Schlagabtausch so wertvoll wie die Beobachtung, dass auch die
Nazis klares, deutsches Wasser als Hort der Durstlöschung aufgefasst haben. Es
mag schon stimmen, aber es bietet Angriffsfläche für die Frage, ob man denn
jetzt auch schon gegen Wasser etwas habe. Wer gegen die Kampfrhetorik eines
Hofer oder Strache ankommen will, muss Argumente bringen, die für sich
sprechen, und das heißt: mit möglichst wenig Kontext. Denn aus diesem werden
sie garantiert gerissen. Auch das Messer bleibt immer gleich scharf, ob es Mike Myers führt oder Jamie Lee Curtis. Wer heil aus der
Sache herauskommen will, nehme sich an ihr ein Beispiel.