Meine hochverehrten Lesehäschen und ganz besonders auch
–häsinnen, auch wenn es schwer glaubhaft scheint, so wird euer sehr ergebener
Zweckdichter doch nicht jünger. Neben diversen Wehwehchen, auf die einzugehen
nicht lohnt, geht mit steigendem Alter nicht nur bei mir eine schwerer zu
entfachende Begeisterung für kulturelle Hervorbringungen einher. Ob das jetzt
eine neue Platte von einer Band ist, die euch einst vom Sessel gerissen hat,
ein neuer Film in einem geliebten Franchise oder von einem verehrten Regisseur,
ein neues Buch von einem der Großen seines Faches – stellt euch, ihr Jungen und Knackigen, darauf ein, dass euch solche einst in gespannter
Vorfreude erwarteten Ereignisse mit anwachsenden Jahren allmählich kühler
lassen werden. Stattdessen werdet ihr immer stärker auf Qualität vertrauen, die
die Prüfung der Zeit bereits
bestanden hat. Denn euch bleibt immer weniger davon.
Deshalb, meine Teuren, wird es immer wichtiger, sich das
wirklich gute Zeug reinzupfeifen, und zwar dann, wenn man zum entsprechenden
Genuss bereit ist. Doch während man mangelnder Qualität meist ausweichen kann,
ist Etikettenschwindel umso
ärgerlicher: Wenn zum Beispiel ichweißnichtwer, vermutlich Kritiker,
Produktionsfirma und Verleih, (in einem unterirdischen Besprechungsraum, teuer,
aber kühl eingerichtet, mit indirekter Beleuchtung, allen technischen Schikanen
von morgen und einer fernbedienbaren Falltür, die hinab in die Skorpiongrube
führt), wenn die dann also etwa übereinkommen, Toni Erdmann als Komödie zu lancieren.
Häschen und Häsinnen, ich weiß ja nicht, wie es euch geht.
Aber als ich klein war, gab es dreierlei
Fernsehsendungen: Erstens die Spannenden (aber nicht zu spannend, sonst war
es nichts für euch), zweitens die
Langweiligen, drittens die Lustigen, a.k.a. Komödien. Auch habe ich in der
Schule und später im Hörsaal gelernt, dass „Komödie“
was mit „Komik“ zu tun hat, und dass
es dabei gar nicht selten was zu lachen gibt. Man verstehe mich recht: Toni Erdmann ist sicher ein guter Film.
Aber es greift hier sogar der nie zu oft zitierte Karl Kraus zu kurz, der
meinte: [A]n den großartigsten Beispielen
von deutschem Humor ist er mir als die Eigenart erschienen, keinen zu haben und
für diese menschliche Schwäche ein verstehendes Lächeln aufzubringen. (Disclaimer:
Er bezog sich auf die weniger als halblustigen humoristischen Übungen Goethes
und Schillers, nicht aber auf meine espritsprühenden, gewitzten Kolleginnen und
Kollegen aus dem Norden.)
Bei Toni Erdmann gibt
es keine menschliche Schwäche und
auch kein verstehendes Lächeln. Es gibt das Drama einer längst gescheiterten
und nun erneut scheiternden Vater-Tochter-Beziehung, verknüpft mit scharfer
Globalisierungskritik und einem toten Hund, wobei es einfach traurig ist, dass
der Hund nicht mehr lebt, manchmal ist so etwas im Film ja lustig, aber selten
(Marley and Me, ich sehe dich scharf
an). That’s it, folks. Wer darüber
lachen kann, mit dem teile ich höchstens bis St. Pölten ein Zugsabteil.
Sollte das also jemand lesen, der so etwas beeinflussen
kann: Schreibt nur Komödie drauf,
wenn schon mal jemand dabei gelacht hat. Und zwar jemand, der noch
geschäftsfähig und nie in seinem Leben einem unserer österreichischen Kellertäter
zum Opfer gefallen ist. In aller Kürze: Jeder Film, bei dem man sich
beherrschen muss, um nicht irgendwas von Lachen,
das im Halse stecken bleibt zu stammeln, bleibe mir vom Leibe. Ach ja, wer eine
gute Komödie diesseits vom Klamauk sehen will, schaue sich Florence Foster Jenkins an. Obwohl die es auch nicht allzu lustig
hat im Leben.
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