Es gibt, o Häscheninnen, zwei Arten von Leuten (und
Häschen). Damit meine ich jetzt nicht die beiden Arten, die man braucht, damit
es auch in Zukunft welche gibt. Ich spreche von einer Trennung, die sich (nicht selten, aber auch nicht zwingend, entlang
einer Altersgrenze) durch die Gesellschaft zieht. Die einen von euch können
anscheinend nicht genug davon bekommen, über die mehr oder weniger alltäglichen Verrichtungen ihrer
Freunde und Bekannten informiert zu werden. Die anderen von uns fragen sich, ob
endliche Ressourcen optimal eingesetzt sind, wenn sie dazu dienen, dich live
daran teilhaben zu lassen, dass dein Haberer oder deine Haberine auf dem
Jauerling einen Spritzwein trinkt / in Dubai Schaufenster jenseits der
jeweiligen Einkommensklasse besichtigt / einem Künstler zujubelt / mit anderen
Haberern oder Haberinen gerade eine Skiabfahrt genießt, aber eben doch nicht,
denn es musste ja noch Zeit für das Foto oder den Film sein.
Ich sage nicht, zu welcher Kategorie ich mich zähle, aber
ihr dürft gern raten. Kürzlich wurde ich nämlich von einem netten Kollegen
darüber informiert, was ein Hauptvorteil der „Instagram Stories“ ist:
Sie müssen nicht schön oder geschliffen sein, denn sie verschwinden von selbst
wieder.
Auf die Gefahr hin, jetzt kulturpessimistisch und
altersbitter zu klingen: Wie weit haben wir es gebracht, wenn die Attraktion
einer neuen Technik darin besteht, dass sie deine kreativen Erzeugnisse
ungefragt entsorgt?
Antwort:
Genau so weit, wie es nötig war, um uns (und unseren Nachwuchs) vor jenen
kreativen Erzeugnissen zu schützen, die in dem Moment eine gute Idee zu sein
schienen. Wenn du dich dann allerdings irgendwo bewirbst, ist es Glückssache,
ob das Chefhäschen beim Vorstellungsgespräch es lustig findet, dass es beim
ersten Googlen ein Foto von dir
gefunden hat, wie du mit andern Häschen Sachen machst, die du heute eher nicht
mehr ins Internet stellen würdest. Dank Snapchat oder Instagram Stories wird dieses Problem vielleicht ein bisschen
weniger virulent. Nicht jeder Blödsinn, den du mit 15 gemacht hast, kriecht
wieder aus seinem Loch und beißt dich in den Hintern, wenn du mit 25 was zu
Beißen brauchst. Denn leider! leben wir
mit einer Technologie, deren Gedächtniskraft wir nicht gewachsen sind. Dieses
Problem ist, allem Kulturpessimismus zum Trotz, so alt wie die Kultur selbst.
Als die Steinzeitmenschen Mammuts in Höhlenwände ritzten, haben sie auch nicht
damit gerechnet, dass sich die Forschung 40.000 Jahre später damit befassen
würde. Ebensowenig macht sich dein depperter Bua Gedanken darüber, ob ihm
irgendwann Schwierigkeiten daraus erwachsen könnten, dass er schnarchend mit
einem Eddingpimmel im Gesicht
gefilmt worden ist. Dies, Herrschaften, ist die wahre Gnade der späten Geburt. Ein 1992 geborener Digitalgreis (kenntat mei Bua sei’!) fand sein Gesicht
inklusive Eddingpimmel nach überstandem Vollrausch auf MySpace, später
Facebook, embarrassingnightclubphotos.com
und so weiter. Und weil es nicht gelöscht worden ist, findet man es
wahrscheinlich heute noch.
Die Jungspunde hingegen, die den Substanzmissbrauch erst ab
2011 entdeckt haben, weil sie vorher noch zu klein waren, die (jetzt alle im
Chor) WISSEN JA GAR NICHT, WIE GUT SIE ES HABEN. Ihre peinlichen
Ausschweifungen machen sich automatisch selbst unschädlich. Was einst bei Mission Impossible dem Schutz von
Spezialisten an vorderster Front des Kalten Krieges vor ihren hochgerüsteten
Widersachern diente, schützt heute kleine Doofköppe mit postpubertär
beeinträchtigtem Risikoeinschätzungsvermögen vor sich selbst. Hurra!
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