Freitag, 10. März 2017

Fake Birds

Verehrte Lesehäschen und -innen (Duden hält nichts vom Binnen-i, wahrscheinlich schon wegen der problematischen Entscheidung, ob man nicht besser „Binnen-I“ schreiben sollte), man redet derzeit viel von Fake News und Alternative Facts, die sich POTUS Trump innovativ zunutze mache. Das ist, bittesehr, übertrieben. Die Amerikaner jubeln uns schon seit Jahren Xe für Us unter. Beweis: Man will mir weismachen, dass nicht nur in verschiedenen Weltteilen verschiedene Vögel heimisch sind, was eine gute Sache ist, sonst müsste man auch hierzulande aufpassen, dass einem kein Emu ins Auto rennt, und einen Emu zu überfahren ist schlimmer als ein Reh, weil geschützt und lächerlicher – nein, gleiche Vögel, so die Fiktion, garten unterschiedlich schnell.  
Merkt auf: Unter euch sind welche, die nur Pilze und Pflanzen essen. Dies sei euch unbenommen. Ich für mein Teil wurde schon beim Verzehr meiner Mitgeschöpfe beobachtet. Zum Beispiel pflegt allweihnachtlich eine Gans dran glauben zu müssen, ein Brauch, in den euer Zweckdichter eingeheiratet hat. Zum Thema Gänsezubereitung gibt es zwar weniger Glaubensrichtungen als rund um den Schweinsbraten, aber immer noch mehr, als mir aus dem Stegreif christliche Konfessionen einfallen, also doch eine Handvoll. Klassisch mit Semmelknödelfülle? Mit Maroni? Mit Bratwürstel gar? Früher gab es in dem von mir befeierten Haushalt zu Heiligabend erst die Ganslsuppe, dann den Gänseleberaufstrich, dann die Gans selbst (mit Beilagen, versteht sich) und schließlich eine Malakofftorte. Ich habe den Verantwortlichen damals nahegelegt, die Gans mit Rennie (räumt den Magen auf) zu füllen, stieß jedoch auf taube Ohren. Mittlerweile speisen wir zu Heiligabend die Gans, den Rest am nächsten Tag.
Damit ist aber die entscheidende Frage noch immer unbeantwortet, und ich für mein Teil rufe gern à l’orange! Gans mit Orangen und Madeira ist die Königin der Gänse und die Gans der Könige. Das Rezept, das ich auf einer US-amerikanischen Seite dafür gefunden habe, ist großartig.
Nur die Garzeit macht stutzen. Dort heißt es, eine Gans von etwa 5,5 kg brauche weniger als drei Stunden bei 160°C. Ich habe das nicht ausprobiert, weil ich gerne eine genießbare Gans serviere. Stattdessen habe ich einen Kommentar hinterlassen, des Inhalts, dass mir die Garzeit und -temperatur zu gering scheinen.
Die Autorität auf meiner Seite ist der verdienstvolle Physiker Dr. Gruber, der nicht nur bei den Science Busters schon das verführerische 200-Watt-Hendl gebraten, sondern auch ein Kochbuch geschrieben hat. Ihm zufolge braucht eine Gans der fraglichen Größe gut viereinhalb Stunden, und das bei 200 Grad. Garziel ist übrigens in beiden Fällen eine Schenkelinnentemperatur (früher hätte man ausgerufen: geiler Bandname!) von 75°C. Mit diesen Angaben bin ich bisher gut gefahren.
Trotzdem berichten (vermutlich) US-amerikanische Nachkocher in den Kommentaren zum Rezept von guten Erfolgen, ohne die Temperatur in Frage zu stellen, ja sogar von verkürzter Garzeit für kleinere Vögel ist die Rede.
Was ist hier los? Schlüpfen amerikanische Gänse schon so halbgar wie ein Tweet von Donald the T.? Ist alles eine große Verschwörung, die uns Old-Worldler verführen soll, Sushigans zu futtern? Garen die Gänse dank Chemtrails in den USA schneller, oder fällt den Dortigen (ebenfalls dank Chemtrails) nicht auf, dass sie Ungenießbares in sich hineinstopfen? Irgend etwas stimmt hier nicht. Man verschweigt uns etwas. Irgendjemand braucht einen Aluhut, entweder die Gans oder ich.

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