Freitag, 13. April 2018

Integration

Es ist, o Häschen, alles sehr kompliziert. Zum Beispiel gibt es ein hübsches Sujet in einer aktuellen Kampagne, mit welcher die Stadt Wien bewirbt, wie super sie ist. Darauf sieht man eine Dame, die im Kunsthistorischen Museum den Turmbau zu Babel kopiert, mit der Headline Malen wie in Florenz. Leben wie in Wien. Da kenne ich mich jetzt nicht aus. Dass Malen etwas Schönes ist, will ich als Zehn-linke-Daumen-Träger unbesehen glauben. Aber wieso Florenz? Schließlich hat Bruegel sein Bild in Antwerpen gemalt. Wäre es nicht einfacher gewesen, ein Werk zu zeigen, dass in Florenz entstanden ist? Mein Gefühl sagt mir, dass es im Kunsthistorischen ein paar davon gibt. Oder Antwerpen statt Florenz zu schreiben? Oder haben sich die Entscheidungsträger gedacht, Florenz ist irgendwie mit Kunst, und der Turmbau ist super, also nehmen wir beides? Nämlich nach dem bekannten Schweinsbraten-und-Schokoeis-Prinzip. Ich fürchte, ja.
Ein weiteres Rätsel gibt die aktuelle Diskussion um die verpflichtenden Deutschkurse auf. Ich hege ja auch den Verdacht, dass der Gesetzesentwurf unausgegoren ist, und nicht nur aus demselben Grund, aus dem du misstrauisch wärst, wenn Jamie Oliver dir ein „fettarmes Nudelgericht“ serviert.  Stutzen macht aber, welche Bedenken man bei SOS Mitmensch und im Tiroler Landeschulrat trägt: Die Deutschklassen könnten den Integrationsprozess erschweren. Weil der Entwurf nämlich vorsieht, die Förderung den betreffenden Kindern außerhalb des Regelunterrichts angedeihen zu lassen. Nun ist es ja so, dass manche Leute einen Sprachkurs buchen. Die einschlägigen Institute tun sich viel darauf zugute, das Sprachniveau ihrer Klientel korrekt einzustufen und den Unterricht darauf auszurichten, nicht zuletzt dergestalt, dass im preisgünstigeren Gruppenkurs Leute ähnlicher Könnensstufe versammelt werden. Gilt dieser Mechanismus nicht für Kinder? Oder besteht ein Zielkonflikt, indem sich Kinder entweder rasch integrieren lassen (Gemma Billa, Oida!), oder schnell Deutsch lernen (Herr Fesser, aus dem Verhalten von Franz und Gabi meine ich eine inhärente Feindseligkeit zu spüren.)?
Auch das Kopftuchverbot in Volksschulen hat Grübelpotenzial. Ich weiß nicht, ob es gescheit ist, den kleinen Mädchen das Kopftuchtragen zu verbieten. Ich bin allerdings sicher, dass ein Verbot niemals so doof sein könnte wie manche Gegenargumente. So findet Frau Kevser Muratovic, ihres Zeichens Pädagogin und Islamwissenschafterin, man solle auf Basis von Ausnahmen keineGesetze einführen, die für die Allgemeinheit gelten. Hier drängt sich die Frage auf, was Frau Muratovic denn verbieten würde, wenn nicht die Ausnahme. Zum Beispiel sind glücklicherweise auch Menschen Ausnahmen, die ihr Spatzi gern Kindern zeigen. Ich bin aber trotzdem dafür, das Verbot beizubehalten. Der Ausnahmecharakter allein spricht also nicht dagegen, dass kleine Mädchen ihr Kopftuch ebenso wenig herzeigen sollen.
Weiters führt sie kindliche Nachahmung ins Treffen, weil nämlich ihre Tochter manchmal ihr (der Mutter) Kopftuch anprobiert, ebenso wie ihren Nagellack. Sie befürchtet eine Verstörung der kindlichen Seele, wenn dieses alltägliche Kleidungsstück kriminalisiert werde, weil das arme Kleine es in der Schule nicht tragen darf.
Nun ja. Ich kenne etliche Mädchen, die schon begeistert Mamas alltägliche High-Heels probiert haben. Die Mütter waren aber hartherzig genug, sie nicht zur Schule stöckeln zu lassen. Und ich weiß Volksschuldirektionen, die ein beinhartes Nagellackverbot exekutieren. Von Traumata ist nichts bekannt, Langzeitstudien stehen freilich aus. Vielleicht wäre dies ein dankbares Betätigungsfeld für Frau Muratovic?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen