Euer ergebener Kolumnator hat ausnahmsweise einmal wirklich
Nachhaltiges zu vermelden, o teure Lesehäschen! Ich werde es euch künftig
gleichtun und mich von früh bis spät strikt vegetarisch, ja sogar vegan
ernähren.
Hier ist es Zeit für einen kleinen Exkurs zum Thema „Flexitarismus“, weil sich vor wenigen
Wochen einem Flexitarier die Frage entrang, warum die Flexitarier keiner mag.
Also, warum die Vegetarier die Flexitarier nicht mögen, versteht sich von selbst.
Die sogenannten Carnivoren mögen die
Flexitarier nicht, weil diese so tun, als unterschieden sie sich von jenen.
Jedoch können auch bei Carnivoren ganze Tage zwischen zwei Fleischrationen
vergehen, bisweilen sogar mehrere am Stück. Nach einer solchen Fleischpause
fühlt sich die Durchschnittscarnivorin jedoch dem Vegetarismus keinen
Zentimeter näher. Das unterscheidet sie von der Flexitarierin, die sich als
halbe Vegetarierin wähnt, weil sie gelegentlich Mahlzeiten ohne Fleisch zu sich
nimmt. Liebe Flexitarier: Was ihr so treibt, nennt man „herkömmliche
Ernährung“. Oder auch ganz ordinär „Fleisch essen“.
Doch das alles liegt ja nun hinter mir. Die reine Lehre des Veganismus ist nunmehr meine, und zwar
ohne, dass ich auf irgendetwas verzichten müsste.
Wer nämlich geglaubt hat, dass nur die Mönche von einst dem Prinzip anhingen, ein Otter zähle, weil er im
Wasser schwimmt, zu den Fischen und dürfe daher am Freitag verzehrt werden, der
hat noch nie vom hippen Phänomen der Low-carb Pasta gehört, also von Teigwaren,
die der Kohlenhydratentbehrung Vorschub leisten. Solange damit Nudeln aus
Kichererbsen oder Linsen gemeint sind, darf man sich achselzuckend dem
Kulturteil zuwenden. Auch die Glutenintolerante bäckt sich eine Semmel aus
Qinoa und hat dabei ein Mehl durch ein anderes ersetzt.
Interessant wird es aber bei „low-carb Pasta“ aus Zucchini, Kohlrabi oder anderen feinen Sachen.
Für alle, die topaktuellen Ernährungstrends genauso hoffnungslos
hinterherhinken (aber gut in Alliteration sind) wie ich: Bei dieser sogenannten
low-carb Pasta handelt es sich um
nichts anderes als Gemüse, das lang- und dünnnudelig aufgeschnitten wird,
ähnlich kräftigen Spaghetti oder Bavettine zum Beispiel. Im Handel sind
sogenannte „Spiralschneider Low Carb“
erhältlich, mit denen es auch feinmotorischen Analphabeten gelingt,
Entsprechendes zu erzeugen. Mich hat das sofort an jenen früheren Kollegen (und
ausgewiesenen Carnivoren) erinnert, der bei einem Umtrunk die Mini-Cabanossi
entdeckte und begeistert ausrief: Super,
Soletti aus Fleisch!
Ja, und damit wisst ihr jetzt auch, warum eurem Zweckdichter
die Umstellung auf den Veganismus so herrlich leichtfallen wird: Wem wollte
nicht aromatischer Prosciutto in Gestalt eines verwordackelten Riesenkürbis
munden! Herzhaft locken die Rote-Rüben-Wurst aus echter Blunze und die
Kichererbsenknödel voller Kalbsbrät. Wem der Sinn nach italianitá steht, der greife zu Bärlauchravioli mit Lammfülle. Als
Krönung wartet freilich das echte schmalzgebackene Schweinsschnitzel in Form eines Tofuschnitzels, 100 % fleischig,
100 % vegan, 100 % köstlich. Entschuldigt mich, während ich mir ein großes
Stück Schokolade in Form eines völlig kalorienfreien Stückes Styropor
genehmige. Wer hätte gedacht, dass Verzicht so gut schmecken kann. Schönes
Wochenende!