Man sei so alt, wie man sich fühlt, wird gerne behauptet,
ohne dass man weiß, wieviele Lesehäschenjahre
ein Menschenjährchen zählt. Ehe wir uns darin verlieren, warum es angemessen
ist, sei hier im Konjunktiv zu
setzen, fühlt hingegen im Indikativ,
räumen wir lieber gleich mit der ganzen fehlgeleiteten Selbsttäuschung auf. Man
ist nicht so alt, wie man sich fühlt, sondern so alt, wie man sich ständig
fragt, warum die Leute das auf Englisch
sagen oder schreiben. Es ist nämlich like
this: Dein Balg, das einen kleinen grünen Gecko mit großen Augen vor zwei
Jahren süß fand, findet ihn heute
voll cute. Und was einst gruselig war, ist heute creepy. Damit ist man als
unverbesserlicher Kraus-Leser vor ein Dilemma gestellt. Einerseits hatte Kraus
natürlich recht damit, dass ein Satz, der
nur aus Fremdwörtern besteht, besser deutsch sein kann, als wenn man ihn
verdeutscht, sodass man seine Polemik gegen die Sprachreiniger nur
unterschreiben kann.
Andererseits muss man nicht Philipp von Zesen nacheifern,
der einst die Nase durch den Gesichtserker
und das Fenster durch den Tageleuchter
ersetzen wollte, um sich zu fragen, ob es die Ausdruckskraft steigert, wenn man aufgefordert wird, etwas je sooner desto besser zu erledigen. (Bildungsauftrag: Philipp von
Zesen war ein deutscher Dichter des 17. Jahrhunderts und einer der ersten
deutschsprachigen Berufsschriftsteller. Aus seinem umfangreichen Werk haben
Spätere, die im Barock vor allem das Skurrile suchten, gern seine
Wortschöpfungen herausgepickt, mit denen er dem Deutschen zu einem genuin
deutschen Wortschatz zu verhelfen hoffte.)
Denn die Durchdringung der Alltagssprache mit englischen
Begriffen ist nicht auf Sprecherinnen unter 17 beschränkt, noch auch auf
Fachsprache und Jargon. Dass eine Institution zur würdevollen Unterbringung von
Senioren eine Heimseite hat, du und
ich aber höchstens eine Homepage, darüber müssen wir nicht diskutieren. Dass
von mir so mancher ein E-Mail bekommt, aber niemals eine Strompost, versteht sich ebenfalls von selbst. Auch das device erspart die umständliche Formel
vom mobilen Endgerät.
Wenn wir aber woanders hinfahren, ist das dann eine Reise
oder eine journey? Bis vor Kurzem
schien die Antwort eindeutig, aber heute – who
knows?
Irritierend ist daran für den gesetzten language user zweierlei: Einesteils die immer wieder gestellte
Frage, ob man sich als hoffnungslos gestrig outet, wenn man weiterhin davon
überzeugt bleibt, dass man an einem Schreibtisch sitze und nicht an einem desk.
Noch schlimmer ist aber die zweifellos ketzerische Frage,
was das Ganze soll? Ist für Präzision, Konzinnität oder Ausdruckskraft
irgendetwas zu gewinnen, wenn der Urlaubende auf journeys geht?
Aber halt! Wir sind ja weltoffene Kommunikationshäschen und
wollen uns nicht in fehlgeleitetem Purismus verlieren. Die Frage kann nicht
sein, ob englische Wörter besser sind als deutsche (fix, Oida! womit wir ein mögliches „Jugendwort des Jahres 2018“ abgehakt
haben), sondern vielmehr: warum nur englische Wörter? Ab sofort ist etwas nicht
mehr „so ding“, sondern je ne sais quoi, nicht
mehr „köstlich“, sondern oishii. Das
Auto fährt nicht mehr, es kjört. Wir gehen
nicht mehr ins „Zimmer“, sondern ins chumba.
Wer seine Sprache optimieren will, muss einfach nur die Rosinen aus dem
linguistischen Kuchen picken. Erst wenn wir so sprechen wie der unvergessliche Salvatore im Namen der Rose, der den Kaasschmarrn
bereitet, können wir sicher sein, dass wir kommunikativ unser Bestes geben: Nimm einen
Kaas, nich zu alt, nich zu weich, mach klein Stückl in quadri o sicut te piace.
Dann stell auf Feuer ein Topf mit un poco de burro o vero de structo fresco à
rechauffer sobre la brasia. Et dentro vamos, rein mit dem Kaas,
und wenn dir scheint tenerum, un peu zucharum et canella supra positurum. Fertisch.
E subito in tabula, parce que ça se mange caldo caldo!
Mahlzeit.
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