Freitag, 1. Februar 2019

Der Chinese der Flatulenz

Wir kiefeln, o teure Lesehäschen, noch immer an der Frage des Primats: Wenn du die Politik und das Recht zum Diner einlädst, wer darf dann zuerst das Speisezimmer betreten? In der Royal Navy war die Sache mitunter kompliziert, wenn zum Beispiel ein Earl im Range eines 1. Offiziers und ein Kapitän, dessen Vater Schuhe besohlt hatte, einander vor der Tür gegenüberstanden. Bei Politik und Recht ist das insofern schwierig, als die Frage der Anciennität sich kaum klären lassen wird. Politik – auch und gerade im Kickl’schen (oder kicklschen!) Sinne – gibt es ja schon, seit ein Affe dem andern mit dem Stecken einen Scheitel gezogen hat, also ziemlich lange.
Die Sache ließe sich natürlich im Gefolge Bismarcks klären, der sich bekanntlich einst der Frage gegenübersah, wie die Sitzordnung an einem runden Tisch zu gestalten sei und die Situation mit der Feststellung bereinigte, wo er sitze, sei oben. Diese Lösung ist ebenso einfach wie sauber, erfordert allerdings ein gewisses Minimum an politischem Format, sonst kann die Geschichte leicht ins Gegenteil kippen. Im Falle Kickls zum Beispiel ist das Risiko sehr groß, dass immer dort, wo Kickl sitzt, kein anderer sitzt. Auf so etwas will man sich als Innenminister nicht einlassen.
Wie konnte dem Mann die Sache aber unterlaufen? Euer Ergebener hat dazu eine Theorie. Kickl hat sich ja seine Sporen als Schöpfer nur allzu deutschen Reimguts verdient, und außerdem eignet ihm eine Fähigkeit, um die ihn mancher Amtsträger beneiden sollte: vor laufender Kamera grammatisch korrekte Sätze abzusondern, wie fragwürdig sie auch inhaltlich sein mögen. Nun ist die Grammatik ja nichts anderes als kodifiziertes Sprachrecht. Mithin ist Kicklk zumindest in dieser Hinsicht bereit, die Politik hinter das Recht zu stellen. Warum also nicht auch in juristischen Dingen? Das liegt an der Entropie und an China. Erstens: Entropie (das ist wichtig für alle, die gern Sachen herumliegen lassen) bedeutet, dass alles immer eintöniger und schlichter wird, weil das Universum sich einfach für nichts so richtig interessiert. Es ist dem großen Ganzen egal, ob du nie deine Socken aufhebst, und aus Sicht des Universums ist es nur richtig, wenn irgendwann deine ganze Wohnung den bräunlichen Ton getragener Fußfutterale annimmt.
Zweitens: Wer es im alten China als Beamter zu etwas bringen wollte – etwa zu einer Richterstelle –, der musste im Wege einer staatlichen Prüfung beweisen, dass er poetisch nicht gerade Margarita war (Margarita sein: ugs. für „nichts drauf haben“). Da galt es durch das chinesische Äquivalent eines geschliffenen Sonetts zu beweisen, dass man der angestrebten Herausforderung auch wirklich gewachsen war. Das heißt aber, dass zwar die Sprache der Grammatik folgt, das Recht aber der Sprache, also der Politik, weil man eben dichten musste, um eine Juristenstelle zu erhalten, und nicht einen Prozess führen, um einen Lorbeerkranz zu erringen, oder was immer die damals in China anstatt Lorbeerkränzen verwendet haben.
Weil also das Universum immer sockenstinkiger wird, ist es sonnenklar, dass das Verdienst eines Reims von Islam auf daham heutzutage als Qualifikation für ein Amt ausreicht, das es einem gestattet, in Richtung hart erkämpfter Rechte einen fahren zu lassen und diesen auch gleich anzuzünden, aber nur zum Spaß, nicht, weil man irgendwas in Brand zu stecken beabsichtigt. So, glaubt euer Zweckdichter, ist das mit Kickl.

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