Freitag, 7. Juni 2019

Hauptgewinn

Ach treue Lesehäschen, man kommt einfach zu nix. Zum Beispiel plant euer Kolumnator seit Längerem die Lektüre von Alte weiße Männer aus der Feder von Sophie Passmann. Nach allem, was aus zweiter Hand über dieses Werk zu mir gedrungen ist, verspreche ich mir davon eher geringen Erkenntnisgewinn, mit einer Ausnahme: Die Aufklärung, warum alte weiße Männer sich in unseren Breiten als Chiffre für das eignet, was man früher zum Beispiel Machthaberer nannte. Alte weiße Männer, das waren einmal der Opa, der einbeinige Nachbar und der andere Nachbar, der noch beide Beine hatte. Und der andere Opa natürlich. Heute gibt es anscheinend jede Menge von der Sorte, und sie haben die Macht. Wiederum nach allem, was aus zweiter Hand über dieses Werk zu mir gedrungen ist, hege ich den Verdacht, dass ich auch ein mächter alter weißer Mann bin. Womit sich jedenfalls die Frage stellt, wer ein machtloser junger weißer Mann sein könnte. Aber wie gesagt, ich bin noch nicht dazu gekommen, mich an diesem Werk zu bilden.
Wozu man ebenfalls nicht kommt, ist eine Auseinandersetzung mit der Ibiza-Sause. Das liegt an der Kraft des, wie Werbekunden das so gern nennen, Storytelling. Der Kanzler hat uns nämlich so fesselnd zunächst einmal gar nichts erzählt, dann aber die Geschichte davon, wie er jetzt in sich gehen wird, um sich einen total transparenten Wahlkampf zu überlegen, während Frau Bierlein die Republik schaukelt, bis er sich wieder amtsbereit fühlt, dass man das einfach nur super finden kann. Wer wollte sich da noch sein hübsches Köpfchen darüber zerbrechen, wessen Verdienst es überhaupt war, dass Staatsmänner wie Strache oder Kickl in die Regierung kamen! Anscheinend ist der Ibiza-Zug tatsächlich schon abgefahren, indem es nämlich keine Sau mehr interessiert, was die beiden armen Verschwörungsopfer dort so an gefährlichem Blödsinn von sich geblasen haben. A propos Sau: Dem jugendlichen Altbundeskanzler scheint es mit Ibiza so ergangen zu sein wie einst einer Bekannten eures Ergebenen mit einer Hochzeit. Dort wurde heftig gefeiert und entsprechend gebechert, und irgendwie war es irgendwann der nächste Morgen, als jene Bekannte aufwachte. Nach Restauration und Frühstück wollte sie nach Hause fahren, fand aber in ihrem Auto – ein totes Wildschwein! Um Himmels willen! Was war da geschehen? Hatte sie etwa bei der nächtlichen Heimfahrt das Tier niedergestreckt und dann ins Auto geladen? Sie umkreiste das Fahrzeug auf der Suche nach Spuren des Zusammenpralls – nichts. Da fiel es ihr plötzlich wieder ein: Auf der Hochzeit hatte eine Tombola stattgefunden. Und dort hatte sie die vom Jäger gestiftete Wildsau gewonnen. Puh.
So hatte auch der Bundeskurze nach durchzechter Koalition plötzlich einen wilden Strache im Kofferraum. Aber auch er brauchte nicht viel Bedenkzeit, um festzustellen, dass er damit in der Kanzlertombola gewonnen hatte. Schönes Wochenende!


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