Freitag, 15. November 2019

Pedanterie

Man kann es auch zu genau nehmen, meine lieben gewissenhaften, aber keineswegs über Gebühr anal fixierten Lesehäschen! Ein schönes Beispiel hat kürzlich, das habt ihr ja alle mitbekommen, der Oberboss von Uber (also der Uberboss, das musste jetzt sein) geliefert. Er bezeichnete es in einem Interview als „ernsten Fehler“, dass Mohammed bin Salman, wie männiglich bekannt, die Zerstückelung des regimekritischen Herrn Khashoggi veranlasst hat. Und wenn jemandem ein Fehler unterlaufen ist, bedeutet das, so der Ubermensch, ja nun nicht automatisch, dass dieser Fehler für alle Zeiten unverziehen bleiben muss. Das gilt gerade auch in der Welt des autonomen Fahrens, wenn zum Beispiel ein unschuldiger Passant unter die autonomen Räder kommt, die sich im konkreten Uberfall saftiger Investitionen seitens des Herrn bin Salman erfreuen.  
Viel erfreulicher, als wenn Leute sich ihre Menschlichkeit abkaufen haben lassen und es dann zuwenig genau nehmen, ist es, wenn sie es ein bisschen zu genau nehmen. So hatte euer Kolumnator kürzlich die Freude, dass in einem Briefing von einer „Geldzuwendung im Wert von 300 Euro“ die Rede war. Das Schöne daran ist natürlich, dass eine Geldzuwendung im Wert von 300 Euro genau 300 Euro entspricht. Es sei denn, dass die Geldzuwendung in Franken, Dollars, Dublonen oder gar jenen Münzen erfolgte, die auf Spanisch „real de a ocho“ heißt, weil eine davon acht Reales wert war, auf Englisch aber den unwiderstehlichen Namen „piece of eight“ trägt.
Weil der wohltätige  Empfängerzweck sich ebenso wie der löbliche Spender in Österreich befindet, ist es aber höchst unwahrscheinlich, dass die Spende selbst in spanischen Silbermünzen aus dem 16. Jahrhundert erfolgte. Mithin bestand die Geldzuwendung im Wert von 300 Euro also vermutlich aus ziemlich genau 300 Euro, so plusminus.
Genau nehmen darf man es auch in der Welt der elektronischen Gadgets. Wenn du dir zum Beispiel ein haushaltstaugliches Projektionsgerät a.k.a. Beamer kaufst, welcher WLAN-fähig und also hervorragend zum Streamen angesagter Serien geeignet ist, und diesem Beamer eine Fernbedienung beiliegt, mit der sich so dies und das fernbedienen lässt, aber eben genau keine Streamingdienst-Apps, dann, finde ich, darf man sich schon fragen, ob man nicht gleich draufschreiben hätte sollen „Smartphone erforderlich“. Schaut man also in die Automobil- oder in die Unterhaltungsbranche oder sonstwohin, es dürfte noch eine Weile dauern, bis die Maschinen so weit sind, gegen uns in den Krieg zu ziehen. Bis dahin müssen wir einander auf gute, alte Weise selber das Leben schwer machen, aber wie gesagt: Da darf man nicht zu streng sein. Wer noch nie seinen Nächsten mit einer Knochensäge bei lebendigem Leibe in seine Einzelteile zerlegt hat, der werfe den ersten Stein! Schönes Wochenende.

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