Freitag, 8. November 2019

Eine Art smart

Eine von eurem treuen Kolumnator sehr geschätzte Band brachte einst, o vielgeliebte Lesehäschen, eine CD auf den Markt mit dem Titel Modern Life is Rubbish. Man schrieb 1993, und man sieht daran, dass Britpop nicht nur der beste, sondern auch der am weitesten voraus schauende Pop zumindest diesseits von Frank Black ist, weil nie einem Albumtitel mehr Wahrheit innewohnte. Das will einerseits wenig heißen, weil Albumtitel in Form von Aussagesätzen (und also potenziellen Wahrheiten) rar sind, andererseits umso mehr, weil man sich ja erst einmal über so einen Titel drübertrauen muss.  
Das moderne Leben ist also tatsächlich nicht frei von Mülligkeit, was so mancher bejahen müssen wird, der mit einem Teenager seinen Alltag teilt. Denn es macht sich zwar allerorten smartness in Gestalt des sogenannten Internets der Dinge breit, dass es nur so eine Art hat: Wer heutzutage einen Kühlschrank, einen Geschirrspüler oder eine Waschmaschine kauft, muss sich schon aktiv gegen smartness entscheiden, nämlich dagegen, dass die neue Waschmaschine deine Bandbreite anknabbert, während du sie aber weiterhin händisch befüllen und entleeren musst. Dafür kannst du ganz smart per Handy feststellen, ob sie vielleicht gerade läuft, weil sie bereits jemand anderer befüllt und in Gang gesetzt hat (Spoiler Alert: hat keiner gemacht). Dies einerseits.
Andererseits, und ich hoffe, dass ich den hoffentlich gar zahlreichen Nachwuchshäschen jetzt nicht zu nahe trete, aber die Wahrheit ist, wie Ingeborg Bachmann tatsächlich und Michi Spindelegger so ähnlich gesagt hat, dem Menschen zumutbar, also: Andererseits findet in jedem Haushalt mit Teenager eine Gegenbewegung statt, welcher die smartness noch so vieler vernetzter Geräte nicht gewachsen ist. Denn Teenager wissen zwar viel mehr über das Internet als du, aber weniger über die Dinge.
Solange die smarten Internetdinge nämlich nicht selber in den Supermarkt oder zumindest bis zur Wohnungstür gehen können (wenn der Bote klingelt), sind sie wie ein geliebter, aber pflegeabhängiger Verwandter darauf angewiesen, dass Mobilere ihre Wünsche erfüllen und zum Beispiel Geschirr einschlichten, eine Startzeit programmieren oder Milch besorgen.
Teenager sind dafür leider nicht geeignet. In den 80er Jahren war das Bild des armen Stadtkindes verbreitet, dass glaubt, die Milch komme aus dem Supermarkt, weil es nicht weiß, dass sie aus der Kuh kommt. Der durchschnittliche Teenager glaubt, dass Milch im Kühlschrank nachwächst, so wie die antiken Naturforscher einst spekulierten, dass Würmer aus Schlamm entstehen.
Teenager können zwar acht verschiedene Nagellackiertechniken im Schlaf aufsagen, von denen jede komplizierter ist als ein dreigängiges Menü. Trotzdem bleibt ihnen oft der Zusammenhang von Ursache und Wirkung verschlossen: zum Beispiel, dass Wäsche dann in der Waschmaschine landet, wenn sie zuvor den Weg in den Wäschekorb gefunden hat, damit das Waschmaschinenpflegepersonal merkt, dass hier etwas zu waschen sei.
Wenn sich aber die waschbedürftige Kleidung unterm Schreibtisch, hinterm Bett, in der Schultasche oder weißdergeierwo herumwälzt, kapituliert auch die smarteste Waschmaschine. Der Waschmaschinenpfleger hingegen könnte zwar in regelmäßigen Abständen die Wohnung nach Schmutzwäsche absuchen, so wie die Affen einander ja auch lausen, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken. Aber irgendwann wird auch der dienstbereiteste Waschmaschinenpfleger smart genug, um vor dem vollen Teenagerkleiderschrank auf die Idee zu kommen, dass das Problem mangelnder Anziehsachen noch nicht so drängend sei, dass man mit der eigenen Wohnung soziale Bindungsspiele spielen müsse.
Schönes Wochenende!

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