O Lesehäschen, es blüht euch eine düstere Kolumne. Darf man
das noch sagen, ohne sich des gedankenlosen Alltagsrassismus schuldig zu
machen? Eventuell ja. Darf man auch sagen, dass eine dunkle Kolumne dräut? Ui,
schon schwieriger! Wie steht es damit, dass euer Ergebener für den Fortgang der
heutige BamF schwarz sieht? Vergiss
es. Rassistensau ich, nie wieder lesen, Rauswurf aus dem Internet, und womit?
Mit Recht.
Wir leben nämlich in – schwierigen Zeiten? Keineswegs.
Schwierig ist total 2010. Heute ist etwas, das mehr Aufwand erfordert, als man
gerne treibt oder sogar zu treiben imstande ist, nämlich niemals schwierig. Es
ist höchstens herausfordernd, damit
es keine Schwierigkeiten gibt, sondern nur Herausforderungen, denen man sich in
gesundem Sportsgeist stellt, um sie zu meistern. Nichts ist mühsam,
beschwerlich, kompliziert oder irgendetwas in der Art, sondern immer nur
herausfordernd. Wunderbar!
Herausfordernd ist es eben auch, keine Rassistensau zu sein.
Denn es genügt nicht mehr, alle Menschen gleichberechtigt zu sehen und es für
verwerflich zu halten, wenn zum Beispiel Polizisten bevorzugt – ja wen quälen?
Menschen of colour ist glaubich der zulässige Terminus du jour, und wer eine Begriffsgeschichte von Neger, Schwarz, Farbig, Mohr usw. schreiben will, braucht mehr Platz
als eine läppische Freitagskolumne.
Wer heute kein Rassist sein will, der darf sich auch nicht
damit bescheiden, auf die Begriffe Master
und Slave für entsprechend
konfigurierte Speichermedien zu verzichten. Nein, die IT-Branche hüpft es
gerade vor, es gilt jegliche
Verknüpfung des Wortes schwarz mit
negativ besetzten Themen zu umgehen. Deshalb steht die blacklist ab sofort derselben,
und wir müssen uns jetzt überlegen, wie wir das angehen. Dabei meiden wir
jeglichen Gedanken daran, dass vielleicht vor zigtausend Jahren die Urmenschen
unbestimmter Hautfarbe es am Feuer lauschiger fanden als im Dunkeln, wo die
Höhlenbären mit den Krallen knackten und ob das etwas damit zu tun haben könnte,
was schwarz unter anderem an
Assoziationen weckt. Wir müssen uns, jawohl, carte blanche fürs Nachdenken über das Dunkel bewahren,
damit Schwarz endlich ein eindeutig besetztes Wort wird, wahrscheinlich das
erste, seit es Sprache gibt, und bevor jetzt blöde Bemerkungen kommen: In den 1990ern
war Schönheit in gewissen
Teeniekreisen ein ebenso gängiges wie griffiges Schimpfwort, dessen Ziel man
nicht sein wollte.
Wir haben genug zu tun. Denn Schwarzgeld und Schwarzgebrannter
mögen durchaus erfreulich sein, aber was ist mit Schwarzfahren, Schwarzsehen, Schwarzmalerei, Schwarzhandel und
Schwarzarbeit? Vielleicht gelingt es
uns, all das zufriedenstellend, wenn auch weniger bildhaft zu umschreiben. Es
besteht die Welt aber nicht nur aus Sprache. Was machen wir künftig, wenn wir
einen Verlust zu beklagen haben und dieser Klage bekleidungsmäßig Ausdruck
verleihen wollen? Es wird nicht angehen, Schwarz zu tragen und damit die Farbe in
einen negativen Zusammenhang zu
stellen. Wer an einer Demonstration teilnimmt, deren Anlass die schändliche
Tötung eines Menschen dunkler Hautfarbe durch Beamte ist, wird ohne Schwarzkunst kein angemessenes Outfit
finden. Düster, aber wahr.
Trotzdem schönes Wochenende!