Freitag, 3. Juli 2020

Alter Hut

Die Lage ist ernst, die Zeichen erregen Unruhe. O teure und hoffentlich nicht zu vertrauensselige Lesehäschen, macht ihr euch auch ein bisschen Sorgen um unseren vielgeliebten Bundeserlöser?
Ich schon. Beziehungsweise sorge ich mich, ob er vielleicht sowas wie einen Verschwörungsobama abgezogen hat? Wir erinnern uns ja an die böse und bestens widerlegte Unterstellung, dass Barack Obama nicht in den USA geboren worden sei. Bei Sebastian K. drängt sich die Frage auf, ob er tatsächlich der waschechte Gen-Yer ist, als der er sich – so jung! so dynamisch! so slimfit! – wählen hat lassen.
Angesichts der Vorgänge im Ibiza-Ausschuss kann man ja wirklich ins Grübeln kommen. 29 Mal, so hat der Standard mitgezählt, konnte sich der Kanzler dort an dies und jenes nicht erinnern, das erst ein, zwei Jahre zurücklag. Das ist recht viel für einen Menschen in Kurz’ Alter, wo die Gedächtnisleistung normalerweise voll im Saft steht.
Nun mag man einwenden, dass einen die Demenz ausnahmsweise früh erwischen kann. Aber die Vergesslichkeit ist ja nicht das einzig Besorgniserregende, und immerhin hat sich Basti fitter gezeigt als Blümel, der, obzwar etwas älter, den 40er ebenfalls noch vor sich hat, aber gleich 86 Filmrisse gestehen musste. So etwas gibt ja niemand gern zu, zumal man sich damit gewissenlosen Betrügern als perfektes Opfer für den Enkeltrick geradezu andient! „Lieber Onkel Gernot, du erinnerst dich doch noch an deinen Lieblingsneffen, oder?“ – „Äh …“ Tragisch muss das sein: Vor zehn Jahren noch Vizechef der Jungen Europäischen Volkspartei, und jetzt kannst du dich eigentlich zum Däderl umschulen lassen.
Damit haben wir das nächste bedenkliche Signal: Kurz umgibt sich gerne mit anderen verkappten Greisen wie dem besagten vergesslichen Blümel. Noch krasser – Beweisstück 2 – treibt es Kurz-Habschi Martin Ho, der angeblich noch keine 35, aber vor dem Hauptabendprogramm (für unsere jüngeren Häschen: das beginnt um 20:15 Uhr) schon weggebüselt ist, sodass er von der „Drogenparty“ in einem seiner Lokale nix mitbekam. Vielleicht hätten die Feierlustigen bis 4 Uhr warten sollen, dann hätte er ihnen im Wege der senilen Bettflucht schon wieder Gesellschaft leisten können.
Das stärkste Indiz dafür, dass in Kurzens Geburtsurkunde nicht alles mit rechten Dingen zugeht, kam aber ebenfalls im Ibiza-Ausschuss ans Licht. Es ging um seine SMS-Verläufe, die einige Ausschussmitglieder gern gelesen hätten. Damit war es leider Essig, weil der Kanzler seine SMS regelmäßig löscht „beziehungsweise sie von der Büroleiterin gelöscht werden“.
Echt jetzt? O teure Lesehäschen, Pfötchen aufs Herzchen: Wer von euch unter 40 hat noch nie eine Handy-Wartungsaufgabe á la „Speicher freischaufeln“ für einen Verwandten über 70 durchgeführt?
Und wer von euch unter 40 käme auf die Idee, solche Handy-Wartungsaufgaben nicht selbst durchzuführen?
Daher ist der Kanzler zwar so jung, wie wir ihn fühlen. Doch wie er sich fühlt, weiß nur der Kanzler. Verdankt er seine lagerfeldeske Guterhaltenheit der medizinischen Kunst, einem löblichen Lebenswandel oder schlichteren Tricks? In diesem Zusammenhang wirkt eine Bemerkung von Anfang April erstaunlich offenherzig, die womöglich ein unfreiwilliges Eingeständnis dessen darstellt, mit welchen Mitteln er uns zum Besten hält und warum wir darauf so leicht hereinfallen: Ich bin mir vollkommen bewusst, dass Masken für unsere Kultur etwas Fremdes sind.
Okay, Boomer.

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