Freitag, 12. August 2022

Narrenhüte

 

Noch, o flauschig durchgewärmte Lesehäschen, ist Sommer, also eine der beiden Jahreszeiten, die, in den Worten Jesu, geeignet ist,  den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Es gibt nämlich, so seltsam es klingen mag, Leute, die Hitze mögen, und bisweilen scheint es beinahe, als seien sie sogar in der Überzahl gegenüber jenen Vernünftigen und charakterlich Gefestigten, die den Winter vorziehen, der damit als zweite Zwistsaison gespoilert sei. Wer bitteschön genießt es, mitten in der Nacht schweißgebadet aufzuwachen und das rettende Fenster öffnen zu wollen, nur um festzustellen, dass es schon offensteht? Üble Gesellen, that’s who! Wieviel erfreulicher ist es doch, sich in die Pfühle zu kuscheln, während draußen der Schneesturm tobt!

Freilich kann niemand mehr die Augen davor verschließen, dass die Hitzefreunde Oberwasser (oder zumindest den Mangel daran) haben. Denn Politik gibt es mittlerweile in zwei Geschmacksrichtungen. Beide funktionieren wie Autobahnbaustellen, die es ebenfalls in zwei Geschmacksrichtungen gibt. Die erste kennen wir zum Beispiel aus der Zusammenlegung der Krankenkassen, die der türkisen Regierung bekanntlich ein Herzensanliegen war, weil sie so gewaltige Einsparungen verhieß, die dann leider doch nicht eingetreten sind, wofür niemand etwas kann.

Solche Autobahnbaustellen erinnern ein bisschen an einen Ameisenhaufen, in den ein boshafter Mensch einen Stein geworfen hat: Es ist gewaltig viel Betrieb, riesige Maschinen dampfen, stinken und brummen, das Ganze dauert ziemlich lange, aber irgendwann – das Warten hat sich gelohnt – sind die Arbeiten abgeschlossen und es gibt: eine zweispurige Autobahn (so wie vorher, nur teurer).

Die zweite Sorte von Politik und Autobahnbaustellen gestaltet sich wie die Maßnahmen zur Rettung des Klimas in den letzten 30 Jahren und erklärt, warum es nicht schöner, aber einfacher wäre, die Hitze zu mögen: Man fährt so seiner Wege, selbstverständlich im Rahmen der erlaubten Höchstgeschwindigkeit, als diese sich plötzlich ändert. Da ist ein Hunderter, der alsbald in einen Achtziger übergeht, denn die Fahrbahn ist durch Hütchenreihen verschmälert. Die nächsten zwei Kilometer fährst du also in einer Hütchenallee achtzig. Anfänger glauben, es müssten jetzt wieder irgendwo Bauarbeiter:_+*innen oder schweres Gerät zu sehen sein. In Wahrheit ist so eine Baustelle aber genau wie die Klimarettung: Es stehen viele, viele warnende Hütchen, doch es geschieht nichts, wovon nach Entfernung derselben noch etwas zu sehen wäre. Also fährst du irgendwann, wenn die Hütchen sich verloren haben, wieder 130, bis hinter die nächste Kurve, wo erneut Hütchen stehen.

Dies, o teure Lesehäschen, ist ein weiterer Grund, den Winter vorzuziehen, in welchem die Hütchen sich nämlich rar zu machen pflegen.

Schönes Wochenende!

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